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4. Anlauf für das Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz

Der vierte Entwurf des BKJHGs steht im Zeichen des Sparstifts. Die KIJAs halten fest, dass die Kostenreduktion zum einen im Widerspruch zur Kernaufgabe der Wahrung des Kindeswohls und zum anderen zum BVG über die Rechte von Kindern steht. Im Falle der Prävention erspart die Investition von € 1,- zukünftige Folgekosten von € 10,-.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs empfehlen den § 35 B-KJHG folgendermaßen zu gestalten:

(Vorschläge kursiv-fett markiert)

(1) Das Land hat als unabhängige Einrichtung eine Kinder- und Jugendanwaltschaft einzurichten, dessen Leiterin und/oder Leiter die Funktionsbezeichnung „Kinder- und Jugendanwalt“ oder „Kinder- und Jugendanwältin“ trägt.

(2) Die Kinder- und Jugendanwaltschaft hat die Aufgabe, die Rechte und Interessen von Kindern und zu vertreten. Im Rahmen dieser Funktion kommen ihr insbesondere folgende Aufgaben zu:

  1. Beratung von Kindern, Jugendlichen und Eltern beziehungsweise anderen mit Pflege und Erziehung betrauten Personen in allen Angelegenheiten, die die Stellung von Kindern, Jugendlichen sowie die Aufgaben von Obsorgeberechtigten betreffen.
  2. Hilfestellung bei Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen zwischen Eltern beziehungsweise anderen mit Pflege und Erziehung betrauten Personen und Kindern und Jugendlichen über Pflege und Erziehung.
  3. Information der Öffentlichkeit über die Aufgaben der Kinder- und Jugendanwaltschaft, die Kinderrechte und sonstige Angelegenheiten, die für Kinder, Jugendliche und junge Menschen von besonderer Bedeutung sind.
  4. Einbringung der Interessen von Kindern und Jugendlichen in Rechtssetzungsprozesse sowie bei Planung und Forschung.
  5. Zusammenarbeit mit und Unterstützung von nationalen und internationalen Netzwerken.
  6. Begutachtung von Gesetzen, Verordnungen und sonstigen Rechtsvorschriften im Hinblick auf die Rechte und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen.

(3) Darüber hinaus kann die Kinder- und Jugendanwaltschaft auch junge Erwachsene beraten.

(4) Die Kinder- und Jugendanwaltschaft hat die Rechte des Kindes unabhängig und wirksam zu überwachen, zu fördern und zu schützen. In ihrer Funktion als Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche ist Organen der Kinder- und Jugendanwaltschaft Zugang zu sozialpädagogischen und stationären Einrichtungen und deren Räumlichkeiten sowie persönlicher und vertraulicher Kontakt zu den dort untergebrachten Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen.

(5) Die Kinder und Jugendanwaltschaft kann vertraulich, anonym und kostenlos in Anspruch genommen werden.
(Ist-Standerhaltung des aktuellen Status der Kinder- und Jugendanwaltschaften)

(6) Die Landesgesetzgebung hat sicherzustellen, dass die Kinder- und Jugendanwaltschaft über die für die ordnungsgemäße Besorgung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen, Mittel und Weisungsfreiheit verfügt und diese für Kinder und Jugendliche leicht und unentgeltlich zugänglich ist.

Zu § 35 B-KJHG 2012 - Abs. 4

Auf Grund der Entwicklungen und Aufdeckungen von Missständen in letzter Zeit fordern die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs externe Vertrauenspersonen bzw. eine Ombudsstelle für fremduntergebrachte Kinder und Jugendliche, ausgestattet mit dementsprechend ausreichendem Personal und angesiedelt in den Kinder- und Jugendanwaltschaften.

Zu § 6 Abs 4 B-KJHG 2012 - Verschwiegenheitspflicht

Die Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht im Strafverfahren gegenüber Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaften und Gerichte darf nicht zur Folge haben, dass Auskünfte erteilt werden müssen. Dies stünde im Konflikt mit dem Aussageverweigerungsrecht gemäß § 157 Abs 1 Z 3 StPO, das dadurch möglicherweise umgangen werden könnte.

Zu § 22 Abs 5 B-KJHG 2012 - Gefährdungsabklärung sowie § 23 Abs 3 B-KJHG 2012 - Hilfeplanung

Eine Gefährdungseinschätzung sowie die Entscheidung über die erforderliche Erziehungshilfe oder deren Änderung soll laut Entwurf 2012 „erforderlichenfalls im Zusammenwirken von zumindest zwei Fachkräften“ getroffen werden. Unter der Annahme, dass die für eine sicherzustellende qualitative Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe in diesem hochsensiblen anspruchsvollen Bereich notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen, müssen Gefährdungseinschätzungen sowie Entscheidungen über Erziehungshilfen jedenfalls von mindestens zwei Fachkräften vorgenommen werden. Die (Legal-)Definition von „Fachkraft“ fehlt im Entwurf gänzlich.
Es bedarf einer detaillierten Regelung, welche Fachkräfte in der Jugendwohlfahrt tätig sein dürfen und wer als Fachkraft zu bezeichnen ist.
Zum Thema „Fachkräfte in der Jugendwohlfahrt“ ist eine Anlehnung an das Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz 1990 wünschenswert.

Dieses lautet wie folgt:

„§ 6. (1) Die öffentliche Jugendwohlfahrt ist von Fachkräften durchzuführen, die für den jeweiligen Tätigkeitsbereich ausgebildet und geeignet sind.
(2) Die Leiterin der im Amt der Landesregierung mit den Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt betrauten Dienststelle muss eine rechtskundige Bedienstete sein.
(3) Mit Aufgaben der Rechtsvertretung in Unterhalts- und Abstammungsangelegenheiten dürfen nur Bedienstete (Rechtsvertreterinnen) betraut werden, die die Voraussetzungen für die Verwendung als Fachbedienstete des Verwaltungsdienstes erfüllen. Sie haben nach entsprechender Ausbildung und praktischer Tätigkeit die erforderlichen Fachprüfungen abzulegen.
(4) Mit Aufgaben der Sozialarbeit dürfen nur folgende Personen betraut werden:

  1. Absolventinnen einer in der Republik Österreich gültigen Ausbildung für Sozialarbeit,
  2. Absolventinnen einer anerkannten gleichwertigen Ausbildung, die in einem anderen Staat erworben wurde.

(5) Psychologinnen, die in der Beratung oder Betreuung von Minderjährigen tätig sind, müssen eine postgraduale Ausbildung als Gesundheitspsychologin oder Klinische Psychologin oder eine anerkannte gleichwertige Ausbildung aufweisen.
(6) Mit Aufgaben der Sozialpädagogik dürfen nur folgende Personen betraut werden:

  1. Absolventinnen einer in der Republik Österreich gültigen Ausbildung für Sozialpädagogik,
  2. zur Betreuung von Minderjährigen mit besonderen Bedürfnissen neben Sozialpädagoginnen auch Absolventinnen einer in der Republik Österreich anerkannten Ausbildung zur diplomierten Sozialbetreuerin (diplomierte Behindertenpädagogin),
  3. Absolventinnen einer anerkannten gleichwertigen Ausbildung, die in einem anderen Staat erworben wurde. Personen, die eine solche Ausbildung nicht aufweisen, können für den Zeitraum von fünf Jahren beschäftigt werden, sofern sie sich berufsbegleitend der erforderlichen Ausbildung unterziehen.

(7) Für andere als die in den Abs. 2 bis 6 angeführten Tätigkeitsbereiche ist die Heranziehung sonstiger geeigneter Kräfte zulässig, sofern Art und Umfang der Tätigkeit keine Fachausbildung erfordern.
(8) Für die in der öffentlichen Jugendwohlfahrt tätigen Bediensteten ist Supervision anzubieten, insbesondere in der Einschulungsphase und bei Übernahme besonderer Aufgaben.
(9) Die Landesregierung hat durch entsprechende Richtlinien dafür zu sorgen, dass für das mit Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt befasste Personal eine entsprechende Aus- und Fortbildung erfolgt. Diese hat die Erfordernisse der Praxis sowie die wissenschaftlich anerkannten Grundsätze der jeweiligen Fachgebiete zu berücksichtigen.
(10) Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoginnen, die zumindest fünf Jahre im Bereich der öffentlichen Jugendwohlfahrt tätig waren, können nach Absolvierung eines Fortbildungskurses im jeweils anderen Arbeitsbereich eingesetzt werden. Der Fortbildungskurs hat zumindest 300 Unterrichtseinheiten und 40 Stunden Praxis zu enthalten.“

„Anerkennung von Ausbildungen

§ 6a. (1) Folgende Ausbildungen gemäß § 6 Abs. 4 Z 2 und § 6 Abs. 6 Z 3 werden vom Magistrat gemäß der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen anerkannt:

  1. Ausbildungen, die in einem Mitgliedsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erworben wurden,
  2. Ausbildungen eines anderen Landes, dessen Staatsangehörigen Österreich auf Grund eines Staatsvertrages im Rahmen der Europäischen Integration die selben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie österreichischen Staatsbürgern.

(2) Bestehen wesentliche Unterschiede in der Ausbildung, so hat die Antragstellerin die fehlende Qualifikation nach ihrer Wahl entweder durch einen höchstens 3-jährigen Anpassungslehrgang oder durch eine Eignungsprüfung nachzuweisen. Beim Nachweis von Rechtskenntnissen hat die Behörde die Art des Nachweises vorzuschreiben. Diese Ausgleichsmaßnahmen sind vorzuschreiben, es sei denn, die Unterschiede können durch die Berufspraxis ausgeglichen werden.

(3) Über einen Antrag ist innerhalb von vier Monaten zu entscheiden.

(4) Ausbildungen, die vom Magistrat nicht anerkannt werden können, sind nur dann gleichwertig, wenn sie von der zuständigen Behörde anerkannt (nostrifiziert) worden sind.“

Zu § 26 Abs 1 B-KJHG - Volle Erziehung

In Zusammenhang mit der Situation von Kindern und Jugendlichen und der Aufrechterhaltung ihrer Kontakte, v.a. dem Recht auf beide Elternteile, aber ebenso des Kontakts zu den nicht fremduntergebrachten Geschwistern, sollte § 26 Abs 1 folgendermaßen erweitert werden: „… ist Kindern und Jugendlichen wohnortnahe volle Erziehung zu gewähren, …"

Im Zusammenhang mit der Fremdunterbringung im Rahmen der vollen Erziehung wäre es aus fachlichen Gründen zur Wahrung des Kindeswohls notwendig, eine interdisziplinäre diagnostische Abklärung vor der Fremdunterbringung einzuführen. Es wird des Weiteren darauf hingewiesen, dass ein Leitfaden für gewaltfreie sozial-/pädagogische Einrichtungen seitens des BMFWJ erarbeitet wurde. Dieser ist als notwendiger Qualitätsstandard in diesen Einrichtungen zu gewährleisten und demensprechend die Personalausstattung dieser Einrichtungen auszurichten.

Zu § 29 B-KJHG - Hilfen für junge Erwachsene

Im Entwurf fehlt eine Nachbetreuungsstelle, die für junge Erwachsene nach der Beendigung der Fremdunterbringung Hilfe und Unterstützung bietet, und z.B. im Rahmen der sozialen Dienste (§ 16 B-KJHG) ermöglicht werden könnte.

Zu § 37 B-KJHG - Mitteilungen bei Verdacht der Kindeswohlgefährdung

Die Mitteilungspflicht bei begründetem Verdacht, dass Kinder oder Jugendliche gequält, misshandelt, vernachlässigt oder sexuell missbraucht werden bzw. bei konkreter erheblicher Kindeswohlgefährdung in anderer Weise wird befürwortet. Darüber hinaus, muss jedoch die Kinder- und Jugendhilfe die Aufgabe wahrnehmen, im Sinne der Prävention und der Unterstützung bei Erziehungsaufgaben jede Meldung - hat sie auch noch keine „konkrete erhebliche“ Kindeswohlgefährdung zum Inhalt – zu bearbeiten, da nicht nur reaktiv, sondern pro-aktiv Hilfen geleistet werden sollen.

Für weitere Ausführungen verweisen die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs auf die Stellungnahme zum zweiten Entwurf des B-KJHG, vom 11. November 2008. Die wesentlichsten Punkte werden in aller Kürze wiederholt:

  • Ausdrückliche Zuweisung von Monitoring-Aufgaben an die Kinder- und Jugendanwaltschaft
  • Beibehaltung der Anonymität und Vertraulichkeit bei Inanspruchnahme der Kinder- und Jugendanwaltschaft
  • Kinder- und Jugendanwaltschaft als unabhängige Einrichtung, zur Gewährleistung der Tätigkeit ohne Einflussfaktoren im Sinne der Kinderrechte und Kindeswohls
  • Grundsätzliche Empfehlung für die Kinder- und Jugendanwaltschaft
  • ein eigenes Gesetz zu schaffen
  • Beibehaltung des durchgängigen 4-Augen-Prinzips
  • Keine Einschränkungen der Leistungen für Adoptiv- und Pflegefamilien
  • Rechtsanspruch auf Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe
  • Österreichweite Qualitätsstandards in der Kinder- und Jugendhilfe (sowohl administrativ als auch inhaltlich (z.B. Erarbeitung von einheitlichen Definitionen, wie. z.B. Kindeswohl)
  • Bedarfsorientierte personelle und finanzielle Ressourcen für Kinder- und Jugendanwaltschaften, Behörden (Personalschlüssel) und alle Kinder- und Jugendhilfeträger
  • Prävention explizit als Aufgabe des Kinder- und Jugendhilfeträgers (§ 3 B-KJHG)
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