***Stellungnahmen Einzelansicht***

Schulschwänzen hat oft tiefe Ursachen

Die KIJAS kritisieren die hohen Strafen fürs Schwänzen und setzen stattdessen darauf, den Ursachen auf den Grund zu gehen und nachhaltige Lösungen zu finden.

Stellungnahme zum Entwurf des Schulpflichtgesetzes BMBWF-12.660/0004-Präs.10/2018
Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und das Schulpflichtgesetz 1985 geändert werden.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs begrüßen die Intention des Gesetzgebers, der Schulpflichtverletzung präventiv entgegenzuwirken. Maßnahmen wie die Festlegung von grundlegenden Regeln des Miteinanders und der Konsequenzen bei Verstößen sowie die Aufklärung zu Schulbeginn scheinen hierfür geeignet zu sein. Unbestritten ist auch die Notwendigkeit, auf unentschuldigtes Fernbleiben von der Schule rasch und unter Einbezug der Eltern zu reagieren. Allerdings sollte sich die Reaktion nicht wie im vorliegenden Entwurf vorwiegend in Verwarnungen und nachfolgenden Strafen erschöpfen, sondern vor allem auch den Ursachen auf den Grund gehen.

SchulschwänzerInnen sind nicht einfach faul

Bei den geplanten Strafverschärfungen und der Abschaffung des 5-Stufen-Plans entsteht der Eindruck, dass die Abwesenheit von der Schule nur deshalb vorkommt, weil die SchülerInnen eine generelle Schulunlust haben oder nicht bereit sind, sich an Regeln und Vorgaben zu halten. Die Ursachen sind jedoch in nicht wenigen Fällen bei innerfamiliären Konflikten, mangelnder Erziehungskompetenz der Eltern, psychischen Erkrankungen von Familienangehörigen oder Gewalt in der Familie oder im schulischen Bereich, wie zum Beispiel Schulverweigerung aufgrund von Mobbing, zu suchen. In all diesen Fällen sind Sanktionen nicht nur wirkungslos sondern sogar kontraproduktiv.

Aus Sicht der Kinder- und Jugendanwaltschaft hat sich der bisher angewandte 5-Stufen-Plan vor allem in Hinblick auf die Möglichkeit einer umfassend Diagnostik der möglichen Ursachen bewährt. In Hinblick auf die Entstehung von Schulabsentismus ist auf den sich daraus ergebenden Unterstützungsbedarf zu achten. Schulabsentismus ist als Prozess zu sehen, welcher mit dem ersten Tag des Schulschwänzens beginnt und an Dauer bzw. Intensität der Abwesenheitszeiten zunimmt. Da es sich bei Schulabsentismus um einen Vorgang handelt, welcher mehrere Schritte zur Aufarbeitung und Änderung des Verhaltens bedarf, ist einerseits ausreichende professionelle Unterstützung durch Fachpersonen aus den Bereichen Schulsozialarbeit bzw. Schulpsychologie oder andere Vertrauenspersonen erforderlich. Andererseits ist ausreichend Zeit für die Aufarbeitung zur Verfügung zu stellen1.

Gewalt oft als Ursache

Wie bereits erwähnt können die Gründe dafür unterschiedlich sein, insbesondere ist erwiesen, dass diese vor allem im familiären aber auch schulischen Bereich liegen. Eine zielführende Maßnahme zur Beendigung des für das jeweilige Kind mit negativen Auswirkungen einhergehenden Verhaltens aufgrund von Fehlzeiten im Unterricht erfordert den Blick auf die konkreten Ursachen. Basierend auf der erforderlichen Einzelfallbetrachtung kann diesen Ursachen effektiv entgegengewirkt werden. Liegen die Ursachen für die Fehlzeiten im schulischen Bereich, beispielsweise beim Verhalten der Lehrperson oder bei Mobbing in der Schule, gestaltet sich der Einflussbereich der Eltern als sehr schwierig, da die Ursachen nicht im Einflussbereich der Eltern liegen und sie dem kindeswohlabträglichen Verhalten nicht primär und teilweise erst verspätet entgegenwirken können2.

Zudem stellt sich die Frage, ob die erst im Jahr 2013 erfolgte Erhöhung der Geldstrafe eine effektive Maßnahme zur Bekämpfung des Schulabsentismus darstellte bzw. wie erfolgversprechend die Festlegung einer Mindesthöhe der Strafe in Hinblick auf das Kindeswohl und die schulische Förderung von Kindern scheint. Die Kinder- und Jugendanwaltschaften sind der Ansicht, dass frühe Intervention, umfassende Diagnostik der Ursachen sowie Hilfe und Unterstützung für den jungen Menschen selbst sowie dessen Familien wesentlich wirksamere Instrumente sind als (Mindest-)Strafen.

SchülerInnen brauchen Zeit

In § 25 Abs. 2 sieht der Gesetzgeber zwar die Möglichkeit vor, zur Vermeidung von Schulpflichtverletzungen den/die SchülerberaterIn, den schulpsychologischen Dienst sowie bei Bedarf auch BeratungslehrerInnen, PsychagogInnen, SchulsozialarbeiterInnen und Jugendcoaches hinzuzuziehen. Nochmals ist darauf hinzuweisen, dass die Bearbeitung der Ursachen, die zum Fernbleiben von der Schule geführt haben oder immer noch führen, Zeit braucht. Die geplante Regelung, das ungerechtfertigte Fernbleiben von der Schule bereits beim vierten Mal als Verwaltungsübertretung zu ahnden, scheint in diesem Zusammenhang nicht zielführend.

Kinder haben ein Recht auf Bildung und Wahrung des Kindeswohls, zu deren Gewährleistung der Staat verpflichtet ist. Eine besondere staatliche Verpflichtung zur Unterstützung besteht, wenn Eltern nicht zur Förderung und Wahrung des Kindeswohls in der Lage sind gem. Art 3, 5, 28 UN-Kinderrechtskonvention. Aufgrund dieser staatlichen Verantwortung kann die Sanktionierung von Schulabsentismus nicht durch Festlegung einer Mindesthöhe der Geldstrafe und Aufhebung des 5-Stufen-Planes erfolgen. Dieser 5-Stufen-Plan unterstützt Kinder und Jugendliche bei der Einhaltung ihrer Schulpflicht und dient der Gewährleistung des Rechtes auf bestmögliche Bildung des Kindes.

Kinder sollen gerne in die Schule gehen

Die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs fordern daher die Beibehaltung der Möglichkeit einer umfassenden diagnostischen Abklärung auf individueller, familiärer oder psychischer Ebene unter Berücksichtigung der dafür notwendigen Zeit. Darüber hinaus erachten die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs den bisherigen Strafrahmen als vollkommen ausreichend, weshalb die Belassung desselben gefordert wird. Stattdessen sollten wirksame Maßnahmen, die zum Ziel haben, dass Kinder gerne in die Schule gehen gesetzt und ausgebaut werden, wie beispielsweise Gewalt- und Mobbingprävention an Schulen, Coaching für Pädagoginnen und Pädagogen, der Ausbau von Schulsozialarbeit oder die individuelle Förderung von Begabungen.

1 Heinrich Ricking, Universität Oldenburg Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik, Phänomene und Formen des Schulabsentismus, S. 3 ff.
2 Heinrich Ricking, Universität Oldenburg Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik, Phänomene und Formen des Schulabsentismus, S.1

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