Risiken von Homeschooling im Auge behalten

In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der Kinder, die zu Hause unterrichtet werden, um 22 Prozent auf 2.320 Kinder angewachsen. Anders als in Deutschland gibt es in Österreich nämlich keine Schulpflicht, sondern nur eine Unterrichtspflicht. Die KIJAS kritisieren, dass kaum kontrolliert wird, wie es den SchülerInnen in den eigenen vier Wänden geht.

Symbolbild: haifischmaedchen / flickr

Ein Kind zum Homeschooling anzumelden ist vom Verwaltungsaufwand her verhältnismäßig einfach. Zwar wird in Folge der Lernerfolg der Kinder durch Externistenprüfungen überprüft, unberücksichtigt bleiben aber mögliche Defizite in der sozialen und emotionalen Entwicklung.

Die Grundlage der weitreichenden Freiheit des Unterrichtens geht auf das Staatsgrundgesetz von 1867 zurück, über 150 Jahre vor Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskonvention. Aus Sicht der KIJAS ist es Aufgabe des Gesetzgebers nun sicherzustellen, dass durch den Heimunterricht folgende Rechte eingehalten werden:

  • Das Recht auf kindgerechte umfassende Information (Art. 12, 14 und 17)
  • Das Recht auf Meinungsäußerung (Art. 13)
  • Das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 14)
  • Das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden (Art. 13, Art 4 B-VG Kinderrechte)
  • Das Recht auf Teilhabe und darauf, sich mit anderen Kindern zusammenzuschließen (Art. 31)
  • Das Recht auf Schutz vor jeglicher Gewaltanwendung (Art. 19)
  • Das Recht auf Hilfe, wenn die Rechte innerhalb eines Systems (Familie, Schule, Wohngemeinschaft etc.) nicht ausreichend gewahrt werden (Art. 3, Art. 4, Art. 6)

Die Erfahrungen aus der Vergangenheit und Fälle der Gegenwart zeigen, dass jede Art von geschlossenem System ein Gefährdungspotential in sich trägt, ob Institutionen, Privatschulen, sektenähnliche Gemeinschaften oder auch Familien. Je abgeschotteter ein System ist, desto weniger Transparenz und Korrektiv bestehen, wenn Kinder Gewalt, Machtmissbrauch oder anderen Kinderrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

Auch wenn häuslicher Unterricht in Einzelfällen durchaus berechtigt sein kann, müssen die Risiken von Isolation, Verletzungen an Körper und Seele und einseitiger Information und Manipulation so gut wie möglich verhindert werden.

Am österreichischen Regelschulsystem gibt es berechtigter Weise viel Kritik. Dennoch:  Hier kommen Kinder und Jugendliche mit Menschen zusammen - mit PädagogInnen, Gleichaltrigen und Eltern – die möglicher Weise andere Lebensentwürfe als sie selbst und ihre Familien haben. Um sich eine eigene Meinung bilden zu können ist es aber notwendig, sich mit unterschiedlichen Sichtweisen und Impulsen auseinandersetzen zu können. Genau das ist in einer öffentlichen Schule möglich!

Erziehung ist nicht nur die Privatsache der Eltern, sondern soll im Sinne einer gesunden Entwicklung von Kindern eingebettet in einen kinderrechtlichen Rahmen in einem offenen, toleranten und transparenten Schulsystem stattfinden.

Die KIJAS Österreich fordern daher:

  1. 1. Häuslichen Unterricht nur in begründeten Einzelfällen bzw. ausschließlich in Verbindung mit weiteren Maßnahmen wie z. B. der Überprüfung der sozialen und emotionalen Entwicklung zu gewähren.
  2. Generell sektenählichen Gruppierungen bzw. Schulen mit fragwürdigen pädagogischen Konzepten und Weltbild kein Öffentlichkeitsrecht zu verleihen.
  3. In jedem Fall den Zugang zu kinderanwaltlichen Beratungseinrichtungen und externen Vertrauenspersonen zu garantieren.

In vielen Fällen glückt häuslicher Unterricht und es geht nicht darum, diesen grundsätzlich zu verurteilen. Es ist aber Aufgabe der Kinder- und Jugendanwaltschaften darauf zu achten, dass alle Kinder und Jugendlichen in ihrer Entwicklung bestmöglich begleitet, gefördert und unterstützt werden. Dabei müssen besonders jene Kinder im Blickfeld bleiben, die nicht das Glück haben, im Rahmen des häuslichen Unterrichts verantwortungsvoll unterrichtet zu werden. 

KIJA-Positionspapier: 
Häuslicher Unterricht und Unterricht in Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht