Bereits 2015 haben die kijas - neben vielen anderen Empfehlungen - auch eine „echte“ Kindeswohlprüfung im gesamten Verfahren, insbesondere im Fall einer Abschiebung gefordert, und zwar anhand von Kriterien: nachvollziehbar, verpflichtend und umfassend. Bindung und Sozialisation an und in Österreich, Dauer des Aufenthalts im Verhältnis zum Alter, physische und psychische Gesundheit, Traumafolgen, Zugang zum Gesundheitssystem, (Über)lebens-, Bildungs- und Entwicklungschancen im Herkunftsland - um nur einige zu nennen – sollen individuell und vorrangig von unabhängigen Expert*innen geprüft werden.
Denn bei allen Maßnahmen ist das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen, so lautet der Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern, das vor 10 Jahren in Kraft getreten ist. Laut Judikatur des EGMR muss im Fall einer Rückführung begründet werden, warum im Einzelfall die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung schwerer wiegen, als die Interessen des Kindes an der Fortsetzung des Aufenthalts. Bei in Österreich verwurzelten Kindern oder Jugendlichen wird dies schwerlich argumentierbar sein.
Weitere Vorschläge sind etwa die Bestellung eines Kinderbeistands oder der erleichterte Zugang zur Staatsbürgerschaft in Österreich geborener Kinder. Es gibt in anderen Ländern (z.B. Schweiz, Luxemburg, Belgien oder Schweden) einige weitere Models of Good Practice dazu.
„Die Evaluierung des BVG Kinderrechte ist Teil des Regierungsprogramms. Die kijas bringen ihre langjährigen und vielfältigen Erfahrungen zur Präzisierung von Vorschlägen für kinderrechtskonforme rechtliche Rahmenbedingungen und eine ebensolche Verwaltungspraxis gerne ein. Die Kinder- und Jugendanwaltschaften betonen aber, dass diese Kommission keine Alibiaktion sein darf. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Ergebnissen muss folgen. Die Kindeswohlkommission ist ein Anfang.“