Integration behinderter Kinder

Einige Presseberichte der letzten Zeit veranlassen die Kinder- und Jugendanwaltschaft, zum wiederholten Mal, auf dringende Probleme im Zusammenhang mit der Integration behinderter Kinder hinzuweisen:

  • Ein achtjährigen Kosovaren erhält vom Sozialamt keine Finanzierung des Transportes zur Sonderschule, da er nicht österreichischer Staatsbürger ist.
  • Pflegekräfte in der (Schul-)betreuung behinderter Kinder sollen eingespart werden.
  • Abgehen vom bisherigen Modus, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf doppelt zu zählen und somit die Klassenteilungszahlen zu senken.

All das kann die Kinder- und Jugendanwaltschaft nicht unkommentiert lassen!

Art. 2 der Kinderrechtskonvention (KRK) besagt, dass kein Kind wegen einer Behinderung diskriminiert oder benachteiligt werden darf. Artikel 23 schließt an, dass (geistig oder körperlich) behinderte Kinder das Recht auf besondere Betreuung haben. Diese Unterstützungsmaßnahmen, die der möglichst vollständigen sozialen Integration dienen sollen, sind - soweit irgend möglich und unter Berücksichtigung der finanziellen Mittel der Eltern - unentgeltlich zu leisten. Damit trifft den Vertragsstaat die Verpflichtung, dass einem behinderten Kind Erziehung, (Aus-)bildung, Gesundheit, Erholung, Berufsleben u.a. tatsächlich in einer Art und Weise zugänglich sind, die für seine Entwicklung und individuellen Entfaltung erforderlich sind. So steht es in der seit 01.01.2005 in der, in der Salzburger Landesverfassung verankerten, UN-Kinderrechtskonvention.

Auch die Leitsätze des Salzburger Behindertengesetzes und des Salzburger Pflegegeldgesetzes beinhalten eindeutige Bekenntnisse zur umfassenden Förderung. Dies soll Menschen mit Beeinträchtigung ein selbständiges und erfülltes Leben in der Gemeinschaft ermöglichen. Die Realität ist, wie viele Beispiele aus der Praxis zeigen, eine andere. Wir fordern daher gesetzliche Regelungen in zwei besonders dringend reformbedürftigen Bereichen im Zusammenhang mit der Integration behinderter Kinder.

Das Recht auf besondere Förderung

Das Recht auf besondere Förderung sollte allen behinderten Kindern, die ihren Aufenthalt im Bundesland Salzburg haben, zustehen - unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Viele behinderte Kinder nicht österreichischer Eltern sind vom Recht auf besondere Betreuung und Förderung ausgeschlossen oder haben einen erschwerten Zugang, da die österreichische Staatsbürgerschaft sowohl im Salzburger Behindertengesetz als auch im Salzburger Pflegegeldgesetz eine Anspruchsvoraussetzung darstellt. Infolgedessen gibt es für Kinder nicht österreichischer Staatsbürgerschaft keine finanzielle Unterstützung, wiewohl diese für die vollständige Integration absolut notwendig wäre. Ebenso verhält es sich mit erforderlichen Medikamenten oder orthopädischen Geräten wie Rollstühle oder Krücken, die den Kindern eine selbstständige Lebensführung ermöglichen würden. Im konkreten Anlassfall führte dieser Umstand dazu, dass die Eltern eines behinderten Jungen u. U. sogar zur Gesetzesverletzung verhalten wurden, weil ihnen die zur Erfüllung der Schulpflicht unabdingbare finanzielle Unterstützung versagt wurde.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft fordert daher eine Gesetzesänderung in den erwähnten Gesetzen, die das Recht behinderter Kinder (von null bis 18 Jahre) auf besondere Betreuung, eine angemessene Erziehung und Bildung und besondere Gesundheits- und Rehabilitationsdienste nicht an die österreichische Staats-bürgerschaft koppelt, sondern an den Aufenthalt in Salzburg.

Das Recht auf Integration in alle Lebensbereiche

Ein behindertes Kind kann derzeit per Gemeinderatsbeschluss vom Kindergarten-besuch aus „Kostengründen“ - die für die gesetzlich erforderliche Sonderkindergärtnerin anfallen – ausgeschlossen werden. Der Besuch einer weiterführenden Schule nach dem Pflichtschulabschluss ist die absolute Ausnahme und nicht die Regel.

Wir fordern daher Gesetzesänderungen (in der beabsichtigten Novellierung des Kinderbetreuungsgesetzes sowie in den Schulausführungsgesetzen), die das Recht auf einen Kindergartenplatz und eine Integration im Regelschulsystem mit bestmöglicher Förderung und Betreuung sicherstellen, ohne dass Eltern im Einzelfall zu Bittstellern werden müssen! Das bedeutet u. a. eine gesetzliche Verankerung der Doppelzählung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Weiters regen wir an, in einer Arbeitsgruppe alle weiteren notwendigen Schritte mit ExpertInnen aus Schule, Betreuung u. a. zu diskutieren und einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, damit die gesellschaftlich anerkannte Integration nicht weiteren Schaden nimmt.