Stellungnahme zum Unterbringungsgesetz 2021

Unter Bezugnahme auf das Schreiben des BMJ, GZ 2021-0.134.612, mit dem der Begutachtungsentwurf eines Gesetzes, mit dem das Unterbringungsgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das IPR-Gesetz, das Außerstreitgesetz und die Jurisdiktionsnorm geändert werden, zur Stellungnahme übermittelt wurde, wird seitens der Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs folgende Stellungnahme abgegeben.

ALLGEMEINES

Im Allgemeinen sind Kinder und Jugendliche von der Novelle des Unterbringungsgesetzes (kurz UbG) positiv betroffen. Jahrelang wurde das UbG als Erwachsenenpsychiatriegesetz angesehen. Jetzt soll dies mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf geändert werden. Die Novelle sieht einen eigenen Abschnitt vor, welcher die Bestimmungen für Kinder und Jugendliche enthalten soll. Diese Bestimmungen sind teils ergänzende Bestimmungen zu den allgemeinen Regeln des UbG sowie teils leges speciales.

Bislang wurde eine Zusammenarbeit mit den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe im Gesetz nicht angeordnet. Im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, vor allem als Patientinnen und Patienten, gelten besondere Anforderungen. Eine Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe wird nun auch in die Novelle aufgenommen.

In der Einleitung der Erläuterungen (Seite 9) wird explizit darauf hingewiesen, dass „Maßnahmen notwendig sind, die auf Kinder und Jugendliche in Krankenanstalten zugeschnitten sind“. Die Kinder- und Jugendanwaltschaften unterstreichen diesen Gedanken und empfehlen besonders einen alters- und kindgerechten Umgang mit den jungen Menschen.

BESONDERER TEIL

zu § 2 UbG:

Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

Positiv hervorgehoben wird, dass bereits im Abs 1 auf die Anwendung in Krankenanstalten und Abteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie hingewiesen wird. Diese Verdeutlichung zeigt, dass es ein besonderes Anliegen dieser Reform ist, ein Augenmerk auf die minderjährigen Betroffenen zu haben.

In Abs 3 wurden aus Gründen der besseren Lesbarkeit alle bislang verstreuten Begriffsdefinitionen dem Gesetz vorangestellt. In den Erläuterungen hierzu wird darauf hingewiesen, dass die Kinder- und Jugendhilfe bei „voller Erziehung“ die Rolle von Erziehungsberechtigten einnimmt.

§ 2 Abs 3 Z 11 UbG sieht als erziehungsberechtigt „eine im Rahmen der Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung vertretungsbefugte Personvor. Hier wird im Gesetzestext nicht klargestellt, dass auch die Kinder- und Jugendhilfe mit der Pflege und Erziehung betraut werden kann. Es wird demnach empfohlen, dies zu ergänzen, um Missverständnissen vorbeugen zu können (Bspw.: „… vertretungsbefugte Person bzw. die Kinder- und Jugendhilfe“).

zu § 4 UbG sowie § 41b UbG:

Unterbringung auf Verlangen

§ 4 UbG regelt die Unterbringung einer Person, wenn sie das verlangt und entscheidungsfähig ist. Ist diese Person aber entscheidungsunfähig, darf sie weder auf ihr eigenes noch auf Verlangen ihrer Vertretung untergebracht werden.

Auch § 41b UbG stellt dies nochmals eigens für Minderjährige dar: Demnach sollen Minderjährige nur dann auf Verlangen untergebracht werden dürfen, wenn sie entscheidungsfähig sind und die Unterbringungsvoraussetzungen gemäß § 3 UbG vorliegen. Ist dies nicht der Fall, so können sie weder auf ihr eigenes noch auf Verlangen ihrer Erziehungsberechtigten untergebracht werden.

Es liegt hier ein Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf Freiheit der Minderjährigen sowie dem elterlichen Sorgerecht vor. Beide Rechte sind verfassungsrechtlich geschützt.

Als Lösungsansatz wird in den Erläuterungen der Zweck der elterlichen Gestaltungsbefugnis gesehen, welcher auf das Kindeswohl gerichtet ist.

Verlangen entscheidungsfähige Minderjährige die Unterbringung bei Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen gemäß § 3 UbG und sind die Erziehungsberechtigten dagegen, sollen sie dennoch auf Verlangen untergebracht werden können.

Diese Regelung wird sehr begrüßt. Wie in den Erläuterungen hierzu angeführt wurde, kann es manchmal notwendig sein, den Minderjährigen auch „räumlichen Schutz“ zu bieten, um Probleme ansprechen zu können (z. B. bei sexuellem Missbrauch, häuslicher Gewalt).

Positiv zu bewerten ist auch die Möglichkeit der „Unterbringung ohne Verlangen“, indem den Erziehungsberechtigten der Druck genommen wird, ihr Kind unterbringen lassen zu müssen (vor allem, wenn das Kind keine Einsicht zeigt).

§ 41b Abs 2 UbG verlangt zudem eine Verständigungspflicht gegenüber den Erziehungsberechtigten, wenn Minderjährige untergebracht werden. Im Gegensatz zu § 6 Abs 4 UbG wird dem Widerspruch der Minderjährigen nicht entsprochen. Dies wird damit begründet, dass die Erziehungsberechtigten in ihrem grundrechtlich geschützten Elternrecht berührt sind, solange das Kind minderjährig ist.

Wie bereits erwähnt, kann im Rahmen der „vollen Erziehung“ der Kinder- und Jugendhilfeträger mit der Pflege und Erziehung betraut sein. Es wird empfohlen, darauf zu achten, inwieweit dann die Verständigung der leiblichen Eltern auch tatsächlich im Interesse der Minderjährigen ist.

zu § 6 Abs 4 UbG:

Verständigungspflicht des Abteilungsleiters

Im Abs 4 wird der Abteilungsleiterin/dem Abteilungsleiter die Pflicht auferlegt, die Patientenanwältin/den Patientenanwalt, die gewählte Vertreterin/den gewählten Vertreter sowie die Vertrauensperson unverzüglich von der Unterbringung zu informieren. Diese Verständigungspflicht stellt sicher, dass die Patientenanwältin/der Patientenanwalt nun von sich aus auf die Betroffenen zugehen kann. In der geltenden Fassung wurde verlangt, dass die Patientin/der Patient selbst sich aktiv an die Patientenanwaltschaft wenden muss, da diese von einer Unterbringung nicht informiert wurde.

Diese Neuerung wird positiv hervorgehoben, zumal vor allem Minderjährigen nicht zugemutet werden kann, in einer psychischen Notlage die Patientenanwaltschaft selbst aufsuchen zu müssen.

zu § 8 UbG:

Unterbringung ohne Verlangen

Zu begrüßen ist jedenfalls, dass die Novelle in den §§ 8 bis 10 UbG Klarheit über die Aufgaben der handelnden Personen schaffen soll.

Hier wird auf den derzeitigen Mangel an Ärztinnen und Ärzten, welche zur Ausstellung einer Bescheinigung iSd geltenden § 8 UbG bemächtigt wurden, hingewiesen. Am Beispiel von Vorarlberg, in welcher ein „Ärztepool-System“ eingerichtet wurde, wird nun vorgeschlagen, dass die Landeshauptleute Ärztinnen und Ärzte mit Untersuchungen und Bescheinigungen iSd § 8 UbG ermächtigen dürfen.

Aus kinderrechtlicher Sicht ist zu empfehlen, dass den Landeshauptleuten nahegelegt wird, auch Ärztinnen und Ärzte heranzuziehen, die das entsprechende Know-How im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Kinder- und Jugendheilkunde aufweisen. Dies ist notwendig, um die bestmögliche kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung gewährleisten zu können.

Im Abs 3 wird demonstrativ angeführt, welche Personen von der behandelnden Ärztin/vom behandelnden Arzt zu kontaktieren sind. Dies soll als Unterstützungsmaßnahme dienen, um Alternativen zur Unterbringung finden zu können. Es wird darauf hingewiesen, dass primär mit der betroffenen Person zu sprechen ist. Das Gespräch darf diese Person „(…) nicht ungebührlich belasten, was bei zeitraubenden oder von der betroffenen Person abgelehnten Erhebungen der Fall ist (…)“. Es ist auf die Verhältnismäßigkeit und die Zweckmäßigkeit abzustellen. Ein direktes Gespräch mit der betroffenen Person sowie ihren Angehörigen wird immer verhältnismäßig und zweckmäßig sein, außer sie ist nicht ansprechbar oder die Angehörigen können nicht einmal telefonisch erreicht werden.

Diese Regelung wird sehr begrüßt. Dennoch ist auf einen altersgerechten Umgang im Gespräch mit den Minderjährigen zu achten.

Des Weiteren wird begrüßt, dass die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt zu erheben hat, ob die betroffene Person sich bereits in einer Behandlung befindet. In weiterer Folge soll dann auch mit dieser vertrauten Ärztin/mit diesem vertrauten Arzt, wenn auch nur telefonisch, Kontakt aufgenommen und Alternativen zur Unterbringung abgeklärt werden.

In den Erläuterungen zu § 8 UbG wird festgehalten, dass nach Abklärung einer Alternative die Amtshandlung der Sicherheitsorgane als beendet zu betrachten ist. Eine zwangsweise Verbringung zur Ordination der vertrauten Ärztin/des vertrauten Arztes oder zum Standort des Krisendienstes sei nicht vorgesehen. Vielmehr hat sich die betroffene Person selbst freiwillig dorthin zu begeben.

Dies kann nicht befürwortet werden, da es für Minderjährige nicht altersgerecht ist. Vielmehr muss ein Ausnahmetatbestand für minderjährige Betroffene gefunden werden. Es muss in der Novelle festgehalten werden, dass nach Abklärung der Alternativen, die Minderjährigen beispielsweise zur vertrauten Ärztin/zum vertrauten Arzt oder zum Standpunkt des Krisendienstes begleitet werden können und es muss klargestellt werden, wer sie begleiten könnte. Es kann von Minderjährigen in einer Ausnahmesituation nicht erwartet werden, dass sie die Personen bzw. Stellen freiwillig allein aufsuchen. Vorgeschlagen wird, dass die minderjährigen Betroffenen nach Möglichkeit von den

Erziehungsberechtigten, einer Sozialarbeiterin/einem Sozialarbeiter oder einer Vertrauensperson begleitet werden.

zu § 9 UbG:

Vorführung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes

Diese Regelung soll den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Ausführung ihrer Aufgaben helfen. Bislang wurden die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit medizinischen Fragestellungen konfrontiert und mussten teilweise in rechtlichen Graubereichen tätig werden.

Im Abs 1 soll klargestellt werden, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes lediglich zu prüfen haben, ob die Unterbringungsvoraussetzungen des § 3 Abs 1 UbG gegeben sind. Demnach genügt es schon, dass die Annahme einer Selbst- oder Fremdgefährdung, sowie konkrete Anhaltspunkte, dass diese Selbst- oder Fremdgefährdung auf eine psychische Krankheit zurückzuführen ist, vorliegen.

Unklar ist, welche „konkreten Anhaltspunkte“ die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu prüfen haben. Diese müssen gesetzlich festgelegt werden, um sicherstellen zu können, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht wieder in einem rechtlichen Graubereich handeln müssen und auf sich selbst gestellt sind.

In Z1 soll nun die Unzumutbarkeit des längeren Wartens oder die Inkaufnahme weiter Fahrtstrecken für die Betroffenen im Gesetz Niederschlag finden. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist stets die konkrete Situation der betroffenen Person.

Darauf hinzuweisen ist, dass auf einen altersadäquaten Umgang mit den Minderjährigen zu achten ist.

Z2 regelt Situationen, in denen die betroffene Person bereits ein Behandlungsverhältnis zu einer Fachärztin/einem Facharzt für Psychiatrie bzw. für Kinder- und Jugendpsychiatrie hat. Gelangt die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt zur Einschätzung, die betroffene Person sei selbst- und/oder fremdgefährdend und muss eine Unterbringung dringend erfolgen, obliegt es ihr/ihm, die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beizuziehen. Der Polizei wird dann mündlich erklärt, weshalb die Voraussetzungen einer Unterbringung für gegeben erachtet werden. Die schlussendliche Entscheidung obliegt dennoch der Polizei, ob die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 UbG vorliegen. Gibt es Zweifel an der Expertise der behandelnden Ärztin/des behandelnden Arztes, wird eine Ärztin bzw. ein Arzt iSd § 8 Abs 1 UbG herangezogen.

Dass das Wissen der vertrauten Ärztin/des vertrauten Arztes in die Entscheidung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes miteinfließt, ist sehr zu begrüßen. Im geltenden Recht wurde stets nur eine Ärztin/ein Arzt iSd § 8 Abs 1 UbG zur Untersuchung der Betroffenen herangezogen. Entgegen der Meinung der vertrauten Ärztin/des vertrauten Arztes kam es zu Situationen, in welchen die Ärztin/der Arzt gemäß § 8 Abs 1 UbG die Unterbringungsvoraussetzungen nicht für gegeben erachtet und die Unterbringung sohin blockiert hat.

Eine Fachärztin/ein Facharzt hingegen, welche/welcher sich für eine gewisse Zeit schon mit der betroffenen Person beschäftigt hat, kann die psychische Situation viel besser einschätzen als eine fremde Ärztin/ein fremder Arzt.

Dass explizit auch eine Fachärztin/ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie in den Erläuterungen erwähnt wird, ist positiv zu werten. Mit dieser Regelung werden adäquate Behandlungen von Minderjährigen bestmöglich gewährleistet.

zu § 16a UbG:

Unterstützung des Patienten durch eine Vertrauensperson

Durch diese Regelung wird das Recht der betroffenen Person festgelegt, eine Vertrauensperson als Unterstützung nennen zu dürfen. Diese Unterstützung wird vor allem auch in der Erstanhörung vorgeschlagen.

Diese Neuerung wird sehr begrüßt, da diese Vertrauensperson eine wichtige Unterstützung für minderjährige Patientinnen/Patienten darstellt.

zu § 19 UbG:

Anhörung der Patienten

Das Gericht hat sich binnen vier Tagen nach Kenntnis der Unterbringung einer Patientin/eines Patienten einen persönlichen Eindruck von der betroffenen Person zu verschaffen. Den Neuerungen zu Folge wird nun vorgesehen, dass neben der Patientenanwältin/dem Patientenanwalt und der Patientin/dem Patienten auch die Vertrauensperson der Erstanhörung beizuwohnen hat.

Problematisch ist, dass sich eine Vertrauensperson in den meisten Fällen nicht hauptberuflich in der psychiatrischen Abteilung aufhält. Sohin wird in den Erläuterungen vorgeschlagen, dass die Patientenanwältin/der Patientenanwalt die betroffene Person dabei unterstützt, eine Vertrauensperson vor Ort zu finden.

Es wird vorgeschlagen, die Möglichkeit eines Wechsels der Vertrauensperson gesetzlich festzulegen. Da die Vertrauensperson auf Verlangen der minderjährigen Person an der mündlichen Verhandlung unterstützend teilnehmen darf, ist es wichtig, dass sich die minderjährige Person sicher fühlt. Handelt es sich um eine Vertrauensperson, zu der der Kontakt erst in diesen ersten vier Tagen aufgebaut werden konnte und damit einhergehend eventuell ein Gefühl der Unsicherheit besteht, soll ein Wechsel der Vertrauensperson ermöglicht werden.

zu § 22 UbG:

Mündliche Verhandlung

Abs 1 sieht vor, dass zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung das Gericht Sachverständige zu bestellen und mit einer Gutachtenerstellung zu betrauen hat.

In diesem Zusammenhang und auf Grund von Erfahrungen der letzten Jahre ist es dringend erforderlich, Qualitätsstandards für Sachverständigen-Gutachten vorzusehen, um zu einer nachvollziehbaren und fundiert begründeten gerichtlichen Entscheidung kommen zu können.

Abs 3 soll regeln, dass auch der Patientin/dem Patienten das Gutachten zu übermitteln ist, auch wenn es sie/ihn belasten würde.

Dies kann aus kinderrechtlicher Sicht nicht in jedem Fall befürwortet werden, da minderjährigen Patientinnen/Patienten nicht zugemutet werden kann, ein Gutachten zu lesen, welches sie zusätzlich belasten würde, vor allem, wenn sie es nicht richtig verstehen können.

Kinder und Jugendliche kommen meist mit schwerwiegenden Traumata in die geschlossene Abteilung, sodass sich die Kenntnis des Gutachtens unter Umständen nachteilig auf die Behandlung und Betreuung auswirken könnte.

Es wird vorgeschlagen, dass die Abteilungsleiterin/der Abteilungsleiter, die Patientenanwältin/der Patientenanwalt oder die Vertrauensperson gemeinsam mit der minderjährigen Patientin/dem minderjährigen Patienten das Gutachten bespricht. Ideal wäre hierfür eine entsprechende Gesetzesbestimmung.

zu § 25 UbG:

Im § 25 Abs 1 UbG wird nunmehr die Volksöffentlichkeit grundsätzlich ausgeschlossen, eine solche ist nur auf Verlangen der Patientin/des Patienten vorzusehen. Dies ist im Hinblick auf die sonst bestehende Verschwiegenheitspflicht und dem in diesem Bereich eher streng auszulegenden Datenschutz an sich zu begrüßen.

Patientinnen/Patienten befinden sich in der Verhandlung oft in einer emotionalen Ausnahmesituation, in der sie sich ihrer Rechte und Möglichkeiten möglicherweise nicht im Klaren sind. Somit muss auf die damit an Relevanz gewinnende Manuduktionspflicht der Richterin/des Richters hingewiesen werden – speziell im Fall von minderjährigen Patientinnen/Patienten.

zu § 28 UbG:

Rechtsmittel

Der Abs 1 enthält den Personenkreis, der rechtsmittelberechtigt ist. Hier sollen sämtliche Verwandte, sowie Ehegatten und Lebensgefährten gestrichen werden.

Es wird angeregt, dass neben der Patientin/dem Patienten, der Vertreterin/dem Vertreter auch der Patientenanwaltschaft die Vertretungsbefugnis im Rechtsmittelverfahren zukommt. Dies deshalb, da die Patientenanwaltschaft zum Wohle der Patientin/des Patienten zu handeln hat und somit deren Interessen objektiv gewahrt werden können.

zu § 32b UbG sowie § 41g UbG:

§ 32b Abs 1 UbG sieht im Zuge der Aufhebung der Unterbringung ein verpflichtendes Abschlussgespräch der Abteilungsleiterin/des Abteilungsleiters mit der Patientin/dem Patienten vor. In diesem Gespräch soll der Aufenthalt evaluiert, die Zukunft geplant und Perspektiven besprochen werden. Ein solches Gespräch ist ausgesprochen sinnvoll, da für beide Seiten eine Evaluierung hilfreich und wichtig ist.

Es wird darauf hingewiesen, dass ein solches Gespräch mit minderjährigen Patientinnen/Patienten in einer für ihr Alter entsprechenden Form und Sprache erfolgen muss, um die vorgesehenen Ziele zu erreichen.

In Abs 2 wird die Möglichkeit eines Behandlungsplans vorgesehen, jedoch nur auf Verlangen der Patientin/des Patienten. Für minderjährige Patientinnen/Patienten ist es jedoch notwendig, dass die Abteilungsleiterin/der Abteilungsleiter sie über diese Möglichkeit informiert.

In den „Besonderen Bestimmungen für die Unterbringung Minderjähriger“ wurde hierzu ergänzend § 41g UbG eingeführt:

In Abs 1 wird vorgesehen, dass die Abteilungsleiterin/der Abteilungsleiter mit Schulen, Kindergärten und anderen Einrichtungen, in welchen die minderjährigen Patientinnen/Patienten nach der Entlassung wieder betreut werden sollen, kooperieren soll. Durch diese Kooperation soll es den genannten Einrichtungen leichter gemacht werden, die auf die Bedürfnisse der Minderjährigen angepasste Betreuung zur Verfügung stellen zu können.

Diese Neuerung wird als sehr positiv und essentiell erachtet, um eine nachhaltige Besserung der mentalen Gesundheit Minderjähriger gewährleisten zu können.

zu §§ 33ff sowie § 41e UbG:

Beschränkungen und alterstypische Beschränkungen

§§ 33 bis 34a UbG behandeln das Thema der Beschränkungen während des Aufenthaltes in der Abteilung, also Kontakte zur Außenwelt, private Kleidung, persönliche Gegenstände etc. Hinsichtlich jeder Beschränkung, die veranlasst oder gesetzt wird, besteht eine klare Dokumentations- und auch Informationspflicht der Patientin/dem Patienten gegenüber.

Diese Regelung ist in jedem Fall sinnvoll und hilfreich für spätere, möglicherweise notwendige Überprüfungen.

Für minderjährige Patientinnen/Patienten wird mit dem § 41e UbG eine lex specialis vorgesehen, da es für sie ja auch die alterstypischen Beschränkungen gibt. Diese dienen ihrer Sicherheit, wobei hier eine Unterscheidung zur Freiheitsentziehung zu treffen ist.

Diese eingehende Unterscheidung und damit einhergehende Befassung mit Bedürfnissen von Minderjährigen ist sehr begrüßenswert, da Freiheit gerade für junge Menschen ein ausgesprochen wichtiges Thema ist. Daher muss deren Beschränkung gut durchdacht und argumentiert werden.

Eine Dokumentation von Beschränkungen an Minderjährigen sowie deren Begründung ist ein großer Vorteil, wenn es im Nachhinein zu möglichen Beschwerden oder Unklarheiten kommen sollte. Auch bei

der Mitteilung über eine solche Beschränkung an Erziehungsberechtigte und Minderjährige ist eine vorherige Dokumentation hilfreich für die Darlegung und Erklärung.

Durch die Mitteilungspflicht gegenüber den Erziehungsberechtigten wird deren Antragsrecht auf gerichtliche Überprüfung entsprochen.

zu §§ 35 ff sowie § 41d UbG:

Medizinische Behandlung

Die §§ 35ff UbG enthalten Vorschriften bezüglich der medizinischen Behandlung von Patientinnen/Patienten (Methoden, Aufklärungspflicht) und das Erfordernis der Einwilligung, sofern sie entscheidungsfähig sind. Selbst wenn die Ärztin/der Arzt die Patientin/den Patienten für nicht entscheidungsfähig hält, hat sie/er alles Mögliche zu veranlassen, um die Patientin/den Patienten dabei zu unterstützen, ihre/seine Entscheidungsfähigkeit wieder zu erlangen.

Der § 41d UbG enthält dazu die lex specialis mit strengen Vorschriften hinsichtlich der medizinischen Behandlung Minderjähriger. Dies ist insofern sehr wichtig, um eine mögliche Übermedikation im Jugendalter oder eventuelle Langzeitfolgen hintanzuhalten. Daher ist es auch richtig, die Zustimmung der Erziehungsberechtigten vorzusehen.

Besonders bei der Behandlung von Minderjährigen ist eine gute und genaue Dokumentation für die Nachvollziehbarkeit und für künftige Behandlungen essentiell.

zu § 37a UbG:

Behandlung außerhalb der psychiatrischen Abteilung

Der § 37a UbG enthält die Regelung, dass im Falle einer medizinischen Behandlung in einer nicht psychiatrischen Abteilung an untergebrachten Patientinnen/Patienten, die Unterbringung bei Fortbestand der Voraussetzungen für längstens 24 Stunden aufrecht bleibt.

Hier stellt sich die Frage, ob 24 Stunden ausreichend sind, wenn es sich beispielsweise um einen größeren medizinischen Eingriff mit anschließendem Aufenthalt auf der Intensivstation oder einen medizinischen Notfall handelt.

zu §§ 39a ff UbG:

Datenweitergabe

Die stellenübergreifende Zusammenarbeit ist mittlerweile sehr stark vom Thema Datenschutz geprägt. Das führt oft zu Schwierigkeiten in der Kommunikation, was sich nicht selten zum Nachteil der Patientin/des Patienten auswirkt. Eine ausführliche Klarstellung wer, wann, welche Daten weitergeben darf, aber auch wie diese Daten dann zu verarbeiten sind, wird diesen Schwierigkeiten entsprechend entgegenwirken und soll die Zusammenarbeit und Kommunikation erleichtern.

Der § 39c UbG sieht im Abs 4 eine verpflichtende Verständigung der Sicherheitsdienstelle im Falle von erfolgtem Betretungs- und Annäherungsverbot oder einstweiliger Verfügung vor. Dies ist sehr zu begrüßen, um die gefährdeten Personen zu schützen.

Gleiches gilt für den Abs 5, der eine Verständigungspflicht vorsieht, wenn die Abteilungsleiterin/der Abteilungsleiter eine gegenwärtige und erhebliche Gefährdung durch die betroffene Person annimmt.

Wichtiges Augenmerk beim Thema Datenweitergabe ist jedenfalls darauf zu legen, dass diese Daten nach Beendigung der Maßnahmen wieder nachweislich gelöscht werden. Dies explizit in einer eigenen Vorschrift (§ 39f) zu regeln ist daher jedenfalls sinnvoll.

zu § 41a UbG:

Voraussetzungen der Unterbringung (Besondere Bestimmungen für die Unterbringung Minderjähriger)

§ 41a UbG regelt die Voraussetzungen der Unterbringung für den speziellen Fall von minderjährigen Patientinnen/Patienten. Dass hier die besonderen Bedürfnisse Minderjähriger und ihres Umfelds genauer beleuchtet werden, ist sehr begrüßenswert.

Im Abs 2 ist festgelegt, dass die Abteilungsleiterin/der Abteilungsleiter die minderjährige Person kennenzulernen hat, wodurch Mindestkriterien für die Aufnahmeuntersuchung festgelegt werden sollen. Es ist von „ausführlichen Erhebungen“ und „systematischem Kennenlernen“ der Lebensumstände die Rede. Soweit zweckmäßig, ist die Kinder- und Jugendhilfe beizuziehen.

Wünschenswert wäre zusätzlich ein persönliches Gespräch mit der minderjährigen Person explizit vorzusehen, um zu verhindern, dass nur ÜBER anstatt MIT der minderjährigen Person gesprochen wird. Auf diese Weise würde dem Recht auf Meinungsäußerung und Partizipation Rechnung getragen werden.

Im Gegensatz zu Erwachsenen ist bei mündigen Minderjährigen eine Behandlung gegen deren ausdrücklichen Willen möglich, wenn eine Zustimmung der Erziehungsberechtigten vorliegt. Aus Sicht der Kinder- und Jugendanwaltschaften sollte bei mündigen Minderjährigen ebenfalls eine Behandlung nur dann möglich sein, wenn es einen Einbezug des Gerichts gegeben hat.

§ 41c UbG:

Unterbringung ohne Verlangen

Auch von der Unterbringung ohne Verlangen sind die Erziehungsberechtigten unverzüglich zu verständigen. Hier gilt das oben zu § 4 sowie § 41b UbG Gesagte.

Die Beiziehung eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie wie in Abs 2 vorgesehen ist wesentlich für die Gewährleistung einer adäquaten Behandlung bzw. Untersuchung Minderjähriger.

Für die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs

Mag.a Elisabeth Harasser, kija Tirol
Mag.a Astrid Liebhauser, kija Kärnten