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Vorrang für die Kinderrechte: 30 Jahre Kinderrechtskonvention in Österreich – und noch viel zu tun!

Vor 30 Jahren verabschiedete Österreich die UN-Kinderrechtskonvention. Im Zug der Ratifizierung entstanden die Kinder- und Jugendanwaltschaften, deren Aufgabe es ist, die Kinderrechte bekannt zu machen und darauf zu achten, dass die Rechte und Interessen der Kinder und Jugendlichen auch gewahrt werden. Wir berichten über Feste zum Jubiläum in Salzburg und ziehen Bilanz über 30 Jahre Kinderrechte in Österreich.

Mehr als 70 Salzburger Organisationen feiern mit den Kindern 30 Jahre Kinderrechte

In Salzburg lädt die „Plattform Weltkindertag“, ein Zusammenschluss von mehr als 70 Organisationen aus dem Kinder- und Jugendbereich, am Freitag, den 30. September, Kinder und Jugendliche dazu ein, auf zahlreichen Festen und Veranstaltungen ihre Rechte zu feiern. Eine davon ist unser Kinderrechte-Kino im OVAL – Die Bühne im EUROPARK, in der wir zwei Mal die „Geschichten vom Franz“ zeigen und den Kindern ihre Rechte vorstellen. Beide Vorstellungen waren schnell ausgebucht, ebenso ist die Zahl der angemeldeten Schulklassen für die Spielefeste so hoch wie noch nie! „Das zeigt, wie groß der Bedarf an kostenlosen Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche ist, deren Recht auf Freizeit und Spiel in den letzten Jahren so massiv beschnitten wurde“, sind Andrea Holz-Dahrenstaedt (kija) und Thomas Schuster (Verein Spektrum) von der Plattform Weltkindertag überzeugt.

Bilanz – 30 Jahre Kinderrechte

Was hat sich nun getan in den letzten drei Jahrzehnten? Viel Positives! Der Grundsatz, dass Kinder Menschen mit eigenen Rechten sind, veränderte das Denken in der Gesellschaft. Staat, Institutionen und nicht zuletzt Eltern und Betreuungspersonen tragen die Verantwortung für die Verwirklichung der Kinderrechte. Die Ansicht, dass „Kinder gesehen, aber nicht gehört werden dürfen“ und „blind zu gehorchen haben“, wich der Vorstellung, dass Kinder auch altersentsprechend beteiligt werden sollen und ein Recht besitzen, ihre Meinung zu äußern. Längst nicht mehr gesellschaftsfähig ist die krankmachende „gesunde Watschn“, der Grundsatz der gewaltfreien Erziehung ist sowohl im schulischen als auch im familiären Bereich gesetzlich anerkannt. All das sind Früchte der gesetzlichen Verankerung und Propagierung der Kinderrechte.

Ist die Zeit gekommen, um sich auszuruhen? Nein! Nachdem jedes Jahrzehnt neue Herausforderungen für Kinder und Jugendliche mit sich bringt, gibt es immer noch sehr viel zu tun und nicht allen Kinderrechten wird Rechnung getragen. Ein kleiner Überblick soll jene Bereiche exemplarisch aufzeigen, in denen es rasch Verbesserungen braucht.

Große Lücken bei der psychosozialen und medizinischen Betreuung

Aktuell hat das Recht auf psychische Gesundheit eine neue Brisanz erhalten. Diverse Krisen wie die Pandemie, die Klimakrise, Krieg in Europa sowie die Teuerung schlagen sich auf die Psyche und Gesundheit von vielen jungen Menschen. Diese brauchen daher mehr Unterstützung in diesem Bereich denn je – und genau an dieser mangelt es. Das liegt primär an fehlenden Fachkräften. Der Mangel ist der geringen Wertschätzung der Beziehungsarbeit u.a. sichtbar in Form zu geringer Bezahlung geschuldet - bei zunehmender Belastung wohlgemerkt. Ob in der Kinderbetreuung, den Wohngemeinschaften, der Kinder- und Jugendhilfe oder in der Kinder- und Jugendpsychiatrie: Überall werden händeringend Menschen gesucht, die Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, mit Belastungen fertig zu werden. Das geringe Angebot an psychosozialer Unterstützung steht einer unverhältnismäßig größeren Nachfrage nach unbürokratischer leistbarer Hilfe gegenüber. Kostenfreie Therapieplätze für Kinder- und Jugendliche sind rar, die Wartelisten lang, manche Organisationen haben sogar einen Aufnahmestopp verfügt. In diesem Bereich ist die vielgefürchtete Triage längst Realität. Von ca. 600 niedergelassenen Kinderärzt:innen hat nur ein Drittel einen Kassenvertrag, die Ärztekammer spricht von einer „dramatischen Versorgungslage“ - auch hier zeigt sich die Schere deutlich.

NEUE Schulen braucht das Land

Vier von zehn Kindern gehen nicht gerne in die Schule und ein Drittel hat nach einer aktuellen Umfrage von SOS Kinderdorf das Gefühl, dass die eigene Meinung nicht gefragt ist. Wir drängen schon lange auf eine echte Schulreform, die den Anforderungen einer zeitgemäßen kindgerechten Schule entspricht. Bildung, die jungen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder den finanziellen Möglichkeiten der Eltern die „bestmögliche Entwicklung“ ermöglicht und individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten berücksichtigt. Neben einer Lehrplanentrümpelung, Stärkung der Mitbestimmung von Schüler:innen oder einer Architektur, die offenes Lernen ermöglicht, sind auch hier dringend psychosoziale Unterstützungsstrukturen auf- und auszubauen: Schulsozialarbeit, sog. Schulnurses, Schulärzt:innen und Schulspsycholog:innen. Auch wenn es viele engagierte Angebote gibt, braucht es Gesundheitsteams, Bezugspersonen, die nicht als Springer:innen, sondern als integrierter Bestandteil an allen Schulen Sorgen, Probleme und psychische Belastungen der Kinder und Jugendlichen, aber auch Themen wie Mobbing niederschwellig abfangen können.

Schaffung einer zentralen Mobbingstelle

Durch die vermehrte Nutzung des digitalen Raums, auch pandemiebedingt, ist (Cyber-) Mobbing im Anstieg begriffen und somit ein wachsendes Problem für Kinder und Jugendliche. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg kann trotz Personalaufstockung streckenweise den Bedarf an kostenlosen Mobbing-Workshops nicht abdecken, die Schaffung einer zentralen Mobbingstelle für Prävention und Intervention ist unabdingbar, damit alle junge Menschen, ob in Schulen oder Betrieben, die notwendige Unterstützung erhalten.

Kinderarmut: Armut kränkt, Armut macht krank.

Kinderarmut ist stetig im Steigen begriffen, jedes 5. Kind ist von Armut betroffen. Die Bekämpfung von Kinderarmut muss daher eines der vorrangigsten politischen Ziele sein. Vorschläge und Empfehlungen zur Umsetzung gibt es viele, vorrangig ist eine sogenannte Grundsicherung für alle Kinder. Bis es so weit ist, sollen Richtsätze der Sozialunterstützung für Kinder entsprechend den tatsächlichen Lebenshaltungskosten angehoben und der Unterhaltsvorschuss vereinfacht werden. Aber auch Maßnahmen auf Ländereben könnten effektiv dazu beitragen, damit Kinder gar nicht erst in eine Ecke der Benachteiligung geraten oder als Bittsteller auftreten müssen, z. B. eine kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, die kostenfreie Zurverfügungstellung von Hard- und Software für die digitale Bildung oder der Entfall der Bibliotheksleihgebühr.

Kinderschutz – bundesweites Kinderschutzgesetz

Die aktuellen Beispiele zeigen einmal mehr auf, dass es Defizite im strukturellen Kinderschutz gibt. Oftmals führen Vorfälle im juristischen „Graubereich“ zu einer Versetzung an einen anderen Dienstort oder zu einem Wechsel der Arbeitsstelle, was einem Nichternstnehmen und damit der Gefährdung anderer Kinder gleichkommt. Kinderschutzkonzepte in sämtlichen Organisationen, die Kinder betreuen, begleiten oder unterrichten, sind wichtige Bausteine auf dem Weg zu einem verbesserten Schutz von Kindern vor jeglicher Form der Gewaltanwendung. Präventive Schutzmaßnahmen sowie ein festgelegtes institutionelles Vorgehen bei Verdachtsfällen mit transparenten und klaren Meldeketten sowie eine verpflichtende Begleitung durch Fachkräfte sollten in einem bundesweiten Kinderschutzgesetz festgelegt werden.

Ausbau der familienunterstützenden Angebote

Angesichts des zunehmenden Drucks, der auf Familien lastet, braucht es beginnend bei den Frühen Hilfen einen Ausbau der familienunterstützenden Angebote. Jede Familie, die Unterstützung benötigt, soll diese auch unbürokratisch erhalten. Sei es die Beistellung von Familienhelfer:innen, den Zugang zu Familienferien, Kinder- oder Nachmittagsbetreuung. Viel zu oft übersehen werden Familien mit Kindern mit Behinderung, die es noch schwerer haben, passende Angebote zu finden.

Auf der Forderungsliste ganz oben stehen auch verbesserte Rahmenbedingungen in Kinderbetreuungseinrichtungen mit kleineren Gruppen und mehr Personal, um jedem Kind gerecht zu werden und es in seiner Entwicklung bestmöglich zu fördern. Gerade in der Phase der frühkindlichen Entwicklung ist Zeit der entscheidendste Faktor.

Kinder auf der Flucht: Kein Kind darf aufgrund seiner Herkunft diskriminiert werden

Seit Jahren wiederholen wir unsere diesbezüglichen Forderungen und schließen uns den umfangreichen Empfehlungen der Kindeswohlkommission vollinhaltlich an: Gleiche Betreuungsleistungen, Obsorge ab Tag 1 ihres Aufenthalts in Österreich und ein qualifizierter Beistand für Kinder im Asylverfahren. Es gilt Instrumente zu etablieren, die das Recht auf Beteiligung, Mitbestimmung und Information in allen Verfahren, auch im Asylverfahren verwirklichen, ähnlich dem Kinderbeistand oder der Prozessbegleitung.

Bilanz

In Sachen Kinderrechten wurde einiges erreicht, vieles ist aber noch zu tun. Gerade in Zeiten globalisierter kinderrechtlicher Herausforderungen braucht es einen „Vorrang für die Kinderrechte“, um die Lebensgrundlage und Verwirklichung der Chancen für alle junge Menschen sicherzustellen. Eine Stärkung ökologischer Grundrechte, ein unabhängiges Kinderrechte-Monitoring, ein eigenes Kindheitsministerium und eine großzügige Haltung der jungen Generation gegenüber, die an den monetären Ausgaben ablesbar ist, sind einige Beispiele, die den Stellenwert von Kindern- und Jugendlichen erhöhen.

Wenn es gelingt, den Blick dafür schärfen, was Kinder und Jugendliche benötigen, damit sie sich geschützt entwickeln können, profitieren wir als gesamte Gesellschaft.

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