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Sucht in der Familie – Kinder im Abseits

Verschwiegenheit belastet Kinder aus suchtkranken Familien.

Die Hauptdarstellerin des Theaterstücks "Mama geht's heut nicht so gut" muss allein den Haushalt schupfen.

Bild (theaterachse / Hechenberger): Kinder aus suchtbelasteten Familien werden mit ihren Problemen oft alleine gelassen.

Im Rahmen des Projektabschlusses "Mama geht´s heut nicht so gut" luden die kija Salzburg und die Fachstelle für Suchtprävention Akzente Salzburg jüngst zu einem Fortbildungstreffen zum Thema "Kinder in psychisch belasteten Familien" ein. Ziel des Treffens war es, die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse mit den Erfahrungen des Experten Roland Wölfle und den Anregungen des Fachpublikums aus den Bereichen Pädagogik, Medizin und Sozialarbeit zusammenzuführen. Darauf basierend wurden weitere Handlungsschritte zur Stärkung der großen Zahl betroffener Kinder und zum Ausbau des lokalen Hilfsnetzes abgeleitet. Jedes vierte Kind in Österreich wächst in einer Familie mit Alkoholproblemen auf und ist damit einem vier- bis sechsmal so hohen Risiko ausgesetzt, später selbst zu erkranken, wie unbelastete Kinder – dennoch wird die schwierige Situation dieser vulnerablen Risikogruppe verkannt oder tabuisiert. Als Folge bleiben betroffene Kinder mit einer erdrückend großen Verantwortung allein gelassen.

Projekt-Output "Mama geht's heut nicht so gut"

Eine Tatsache, die durch die gewonnenen Erkenntnisse aus dem kija Salzburg-Projekt "Mama geht´s heut nicht so gut", das 2007 in Zusammenarbeit mit der Gruppe "theaterachse" erarbeitet wurde, noch zusätzlich bekräftigt wurde: Insgesamt 1.350 SchülerInnen konnten die auf der Bühne präsentierte Geschichte der neunjährigen Ria, deren Mutter alkoholkrank ist, mitverfolgen. Bei einer begleitenden Umfrage gab jeder/jede fünfte TheaterbesucherIn an, selbst schon ähnliche Situationen erlebt zu haben oder zumindest zu kennen. 21 Prozent konnten keine Adresse nennen, an die sie sich mit solchen Problemen wenden könnten. Projektleiterin Marion Wirthmiller (kija Salzburg) kritisierte den akuten Mangel an kompetenten Anlaufstellen: "Viele Schulkinder nutzten nach den Vorführungen die Gelegenheit, mit einer kija-Mitarbeiterin über ihre Erfahrungen zu sprechen, oft waren es die ersten Gespräche, die sie zu diesem Thema führen konnten." Und fügte weiter hinzu: "Eine Mehrzahl der LehrerInnen ist mit dieser sensiblen Problematik nur unzureichend vertraut, umso erfreulicher ist, dass rund 60 PädagogInnen an der begleitenden Fortbildung zum kompetenten Umgang mit SchülerInnen aus psychisch belasteten Familien teilnahmen."

Aus der Praxis

Ein Experte im Umgang mit betroffenen Kindern und Jugendlichen ist Referent Roland Wölfle, der an der Stiftung Maria Ebene mit alkoholkranken Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeitet und deren großteils belasteten familiären Hintergrund kennt. In seinem Vortrag berichtete er aus dem Alltag seiner PatientInnen und betonte die enorme Bedeutung von Gesprächen mit den Kindern: "Kinder sind nie zu jung dafür, ernst genommen zu werden und die Wahrheit über ihr Umfeld auf kindgerechte Weise zu erfahren. Sie können mit Offenheit viel besser umgehen als mit einer ständigen Ungewissheit, an der sie zu zerbrechen drohen!" Als wesentliche Forderung zur Verbesserung des Alltags betroffener Kinder nannte er auf der institutionellen Ebene vorrangig die Notwendigkeit einer engen und klar geregelten Kooperation zwischen Gesundheitssystem der Erwachsenen (Psychiatrie und Suchthilfe) und dem Bezugssystem der Kinder (Kinder- & Jugendwohlfahrt, Kindergärten, Schulen, …). Nach vorarlbergerischem Vorbild soll an jede Beratung eines/einer Suchtkranken automatisch die Hilfe für mitbetroffene Kinder gekoppelt sein. Zudem soll das therapeutische Betreuungsangebot, wie es etwa derzeit vom Verein "JoJo – Kindheit im Schatten" angeboten wird, weiter ausgebaut werden. Betroffenen Kindern soll dadurch ermöglicht werden, sich auszutauschen, ihre Schuldgefühle abzulegen, altersgemäßen Aktivitäten nachzugehen und stabile Beziehungen zu verlässlichen Personen aus dem sozialen Nahraum aufzubauen.

Wie geht's weiter?

Nicole Rögl von der Fachstelle Suchtprävention im Land Salzburg hat mit den mehr als 40 Teilnehmenden der Fortbildung an den nationalen encare-Eckpunkten zur Verbesserung der Situation von Kindern in suchtbelasteten Familien gearbeitet. Das Thema Sucht in der Familie ist erfahrungsgemäß stark mit Ängsten und Tabus besetzt, der Alkoholkonsum von Erwachsenen wird oftmals bagatellisiert, auf die ins Suchtgeschehen involvierten Kinder wird „vergessen“. Für die Praxis in Beratung, Therapie und Pädagogik fehlt es vielfach an spezifischer Information und Fortbildungen. Insgesamt wird dichtere Vernetzung der beteiligten Einrichtungen und ressortübergreifende politische Unterstützung in Bund und Land gewünscht, um breitere Bewusstseinsbildung und mehr Lobbyarbeit betreiben zu können. Die Kinder müssen im Zentrum von Hilfemaßnahmen stehen, so die Rückmeldungen der Anwesenden.

Bewusstsein schärfen

Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt unterstreicht diese Bestrebungen, indem sie auf das in der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Recht eines jeden Kindes auf eine angemessene gesundheitliche Versorgung und den Schutz seines Wohls verweist: "Seit 2005 ist die UN-Kinderrechtskonvention in der Salzburger Landesverfassung verankert, jetzt ist die Politik gefordert, die Situation von Kindern aus suchtbelasteten Familien zu erkennen und ihre gesonderten Bedürfnisse wahrzunehmen. Es muss erreicht werden, Sucht nicht zu verschweigen, sondern als Krankheit wahrzunehmen, die man heilen kann und mit deren Bewältigung die Kleinsten nicht alleine gelassen werden dürfen!"

Bilder Theater "Mama geht's heut nicht so gut"

Video "Mama geht's heut nicht so gut"

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