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Die Norm dem Kind anpassen, nicht umgekehrt

KIJAS fordern einen Stopp der angleichenden Operationen bei intersexuellen Neugeborenen sowie das Streichen aus dem Krankheitsregister der WHO.

 

Jedes Kind wird mit seinem eigenen, individuellen Geschlecht geboren. Die Wissenschaft kennt heute rund 4000 (!) geschlechtliche Differenzierungen. Von 1000 Kindern kommen ein bis zwei Kinder intersexuell auf die Welt. Zwischengeschlechtliche Menschen haben entweder Anteile beider Geschlechter oder werden mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen geboren.

Intersexualität ist keine Krankheit

Die Welt ist bunt! Die gesellschaftliche Norm ist es nicht. Das österreichische Personenstandsgesetz sieht derzeit nur den Eintrag „männlich“ oder „weiblich“ vor. Intersexualität wird auch heute noch als behandlungsbedürftig angesehen und nicht als eine geschlechtliche Variation. Als Folge werden intersexuelle Kinder „angleichenden“ Operationen unterzogen, d. h. man entfernt alles, was scheinbar nicht zum Körper des Kindes passt. Diese Eingriffe sind rein kosmetisch, da sie medizinisch nicht notwendig sind. Rechtlich sind sie nur möglich, weil die Weltgesundheitsorganisation Intersexualität im ICD-10 als Störung klassifiziert. Die Auswirkungen der Operationen sind jedoch schwerwiegend und vielfach irreversibel, Folgeoperationen bis ins Erwachsenenalter und die lebenslange Einnahme von künstlichen Hormonen sind nur zwei davon. Betroffene sprechen von Verstümmelung. Sie leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen, Verlust der sexuellen Empfindsamkeit und dem Verlust der Zeugungs- oder Gebärfähigkeit.

Verstoß gegen UN-Kinderrechtskonvention

Intersexuelle sind „anders“ geboren, das bedeutet aber nicht, dass sie krank sind. Der Versuch, sie in eine bipolare Norm zu drängen, verstößt vielfach gegen die Rechte des Kindes:

Artikel 3: Das Kindeswohl muss bei allen Maßnahmen vorrangig berücksichtigt werden.
 
Artikel 8:  Jedes Kind hat das Recht auf Schutz seiner Identität. Werden einem Kind widerrechtlich einige oder alle Bestandteile seiner Identität genommen, so gewähren die Vertragsstaaten ihm angemessenen Beistand und Schutz mit dem Ziel, seine Identität so schnell wie möglich wiederherzustellen.

Artikel 24:  Jedes Kind hat das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit und körperliche Unversehrtheit. Dazu zählen (laut WHO) psychische und physische Gesundheit. Gemäß Absatz 2 verpflichten sich die Vertragsstaaten, alle wirksamen und geeigneten Maßnahmen zu treffen, um überlieferte Bräuche o.ä., die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, abzuschaffen.

Forderungen

Die KIJAS Österreich schließen sich deshalb den Forderungen des Vereins Intersexuelle Menschen in Österreich (VIMÖ) weitgehend an:

  1. Kinderrechte: Beim Umgang mit Intersexualität müssen die Menschenrechte und Kinderrechte ins Zentrum gestellt werden.
  2. Vielfalt: Um eine Diskriminierung möglichst zu vermeiden, soll die Kategorie „Geschlecht“ in offiziellen Dokumenten wie Geburtsurkunde, Personalausweis oder Reisepass - wie jüngst in Deutschland - zumindest um eine zusätzliche Kategorie erweitert werden („others“).
  3. Keine Krankheit: Intersexualität muss aus der ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) ersatzlos gestrichen werden. Aktuell wird sie darin unter F64, Störung der Geschlechtsidentität (DSD - Disorders or sexual Development) geführt.
  4. Medizinische Eingriffe: Normierende medizinische Anpassungen (hormonell/chirurgisch) von Kindern müssen verboten werden. Der Verzicht darauf ermöglicht es Betroffenen, später gegebenenfalls selbst eine Entscheidung zu treffen. Den Eltern muss bestmögliche Aufklärung, psychosoziale Unterstützung sowie Vernetzung mit anderen Betroffenen ermöglicht werden.
  5. Aufklärung: Umfassende Aufklärung (auch über die möglichen Risiken einer Operation) sowie Möglichkeiten zum Austausch mit anderen Betroffenen für  jugendlichen oder erwachsenen Inter-Personen. Bei Beratungen vor einem etwaigen Eingriff müssen die Rechte und Interessen der betroffenen PatientInnen im Vordergrund stehen.
  6. Bewusstseinsbildung: Die Thematik der Intersexualität soll unter dem entpathologisierenden Gesichtspunkt in die Lehren von medizinischen, beratenden, therapeutischen und pädagogischen Berufen aufgenommen werden, um zu vermeiden, dass Intersexualität als Abtreibungsgrund klassifiziert wird oder die Geburt eines Inter-Kindes als Notfall wahrgenommen wird. Ebenso gehört das Wissen, dass es nicht nur Männer und Frauen gibt, in die Schulbücher und somit ins Allgemeinbewusstsein.
  7. Selbsthilfe & Forschung: Förderung von Selbsthilfegruppen, WissenschafterInnen und Interessensvertretungen wie z. B. dem Verein Intersexueller Menschen in Österreich (VIMÖ), die zum Ziel haben, Lebensqualität der Inter-Personen in Österreich zu verbessern. Inter-Personen sollen als ExpertInnen in eigener Sache angesehen werden. Dass ein Leben als Inter-Person gelingen kann, ist eine wertvolle Erkenntnis für Betroffene.

Mehr Infos:

Die KIJAS sind auf dem Gebiet der Intersexualität selbst Lernende. Insofern ist dieses Positionspapier als Unterstützungserklärung zu verstehen. Klar ist aber auch, dass es das komplexe Thema nur anreißt.

www.vimoe.at
www.plattform-intersex.at

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