***Stellungnahmen Einzelansicht***

Gewalt in der Schule

Die zunehmende Gewalt kann als Antwort auf mangelnde gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeit und fehlende Geborgenheit verstanden werden.

 

Gewalt trifft Kinder und Jugendliche auf vielfältige Weise. Kinder und Jugendliche werden Opfer struktureller und familiärer Gewalt, und Kinder und Jugendliche werden - nicht selten als Reaktion auf bereits erlebte Gewalt - selbst zu Aggressoren.

Konfliktlösung

Kinder und Jugendliche haben täglich größere und kleinere Aufgaben und Probleme zu bewältigen. Durch die Unterstützung bei der Bewältigung der vielfältigen Herausforderungen erlernen Kinder und Jugendliche einen angemessenen Umgang mit Konfliktsituationen und zugleich das Ernstnehmen ihrer eigenen Bedürfnisse und die anderer Menschen. Fehlt diese Unterstützung, nehmen psychosoziale Störungen bzw. Verhaltensauffälligkeiten deutlich zu. Im Umkehrschluss: Je mehr Unterstützung von Eltern und LehrerInnen geleistet wird, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder und Jugendliche psychisch auffällig oder gewalttätig in Erscheinung treten.

Die Einstellung und Vorbildwirkung des familiären und sozialen Umfeldes ist ein wichtiger Schutz- bzw. eben auch Risikofaktor für Kinder und Jugendliche. 85 Prozent derjenigen, die im schulischen Kontext gewalttätig auffallen, erleb(t)en selbst familiäre Gewalt. Auch die Schule als Ort vielfältiger Begegnung kann einen positiven oder negativen Effekt haben. Die Qualität der Beziehung zwischen den SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern und der gemeinsame Umgang mit Konflikten tragen entscheidend zur Schul- bzw. Klassenatmosphäre und in weiterer Folge zur Gesundheit jedes/jeder einzelnen bei.

Gesellschaftliche Herausforderungung

Aktuell bestätigen hohe BesucherInnenzahlen bei den letzten Veranstaltungen zum Themenkomplex "Gewaltprävention" sowie die Präsenz des Themas in den Medien die höhere Sensibilisierung in diesem Bereich sowie die Brisanz der Thematik. Auch die Rückmeldungen von LehrerInnen sprechen eine klare Sprache: Sie fühlen sich zusehends bei den alltäglichen Anforderungen des Schulalltags alleine gelassen und fordern grundlegende Veränderungen im Schul- bzw. angrenzenden Unterstützungssystem. Es bedarf eines ganzheitlichen Handlungsansatzes, um Gewalt und Mobbing zu verhindern.

Orientierung im Gewaltpräventionsmarkt

Doch obwohl das Problem bekannt ist, fehlt es auf politischer Ebene derzeit noch an beherzten und weitsichtigen Lösungen. Das bestehende Vakuum wird indes von zahlreichen engagierten Einzelinitiativen im schulischen und außerschulischen Feld auszufüllen gesucht, dabei "verpufft" jedoch häufig ein nicht unwesentlicher Teil der Ressourcen in der Organisation und Bewerbung von diversen Kleinprojekten. So ist der "Gewaltpräventionsmarkt" mittlerweile zu einer unübersichtlichen Ansammlung an unterschiedlichen Angeboten herangewachsen, in der sich selbst ExpertInnen aus dem Fachbereich oft nur mit Mühe zurechtfinden. Erschwerend hinzu kommt, dass den meisten Bildungseinrichtungen ohnehin die finanziellen Mittel für außerschulische Maßnahmen fehlen. Wirkungsvolle Präventionsarbeit bleibt so vom Engagement einzelner Lehrpersonen oder der "Zahlkraft" des Elternvereins und anderer Sponsoren abhängig.

Plattform Gewaltprävention

Mit dem Ziel vor Augen, diese ungünstige Situation zu überwinden und die vorhandenen Kräfte zu bündeln, initiierte die kija Salzburg im Februar 2008 eine Gesprächsrunde, die in kontinuierlichen Treffen die wesentlichen AkteurInnen1 aus dem Arbeitsbereich Gewaltprävention an einen Tisch zusammenbrachte. Brennpunkte in der Diskussion waren Finanzierungsprobleme der Schulen, die überhandnehmende Nachfrage insbesondere im ländlichen Raum, sowie das Faktum, dass viele Schulen erst im Krisenfall Hilfe anfordern und somit weniger Prävention als vielmehr Intervention gefordert ist. Übereinstimmend wurde festgehalten, dass derzeit der Unterstützungsbedarf nicht ausreichend abgedeckt werden kann. Das erste ambitionierte Vorhaben der mittlerweile unter dem Namen "Plattform Gewaltprävention in Kindergarten, Schule und außerschulischer Jugendarbeit" agierenden Arbeitsgemeinschaft wurde bereits realisiert: In Form einer Datenbank konnte dem Landesschulrat eine Auflistung der bestehenden Angebote für Schulklassen übermittelt werden2. Nun arbeitet dieses Netzwerk an einem Maßnahmenkatalog für Salzburger Schulen. Deklariertes Ziel ist, wirkungsvolle und langfristige Gewaltprävention als einen nicht wegzudenkenden, standardisierten Bestandteil des Schulalltags zu implementieren.

Stärkung der Chancengleichheit

Es gibt in Schulen die Möglichkeiten, im Rahmen der bereits vorhandenen Organisationsstrukturen mittels pädagogischer Maßnahmen, flankiert durch weitere zusätzliche schulische und außerschulische Hilfestellungen, etwas zu bewegen. Konkret geht es u. a. um:

  • Gewaltprävention als verbindlicher Bestandteil der LehrerInnen-Ausbildung in allen Schultypen: Gewalt gibt es nicht nur an Pflichtschulen, sondern auch in der AHS, Berufsschule und BHS;
  • Ausbau des bestehenden Fort- und Weiterbildungsangebots für LehrerInnen;
  • Verankerung des "Soziales Lernens" in den Stundenplänen (nach dem "integrativer Ansatz": also die Integration sozialen Lernens in allen Fächern);
  • Implementierung von peer-Mediation an allen Schultypen und Schulstufen;
  • Schulsozialarbeit und SchulpsychologInnen an allen Standorten;
  • Ausbau des Beratungs- und VertrauenslehrerInnennetzes;
  • Installierung der bewährten "Schulteams für Gewaltprävention und Krisenintervention" (nach deutschem Vorbild);
  • Erstellung von Notfallplänen und klaren Handlungsanleitungen zur Deeskalation bei alltäglichen Konflikten bis hin zur Intervention bei schwerer zielgerichteter Gewalt;
  • Einbeziehung der Erziehungsberechtigten;
  • Vernetzung mit externen AkteurInnen und Institutionen;
  • Entwicklung von Verhaltensvereinbarungen für LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern.

Ausgerüstet mit dieser Palette an effektiven Interventionswerkzeugen, können die Schulen angemessen auf die immer prekärer werdenden Lebensumwelten ihrer SchülerInnen - rund ein Drittel wächst heute unter erschwerenden Bedingungen wie Trennung, Migration und Armut auf - reagieren. Schließlich ist es auch eine der Hauptaufgaben der Schule, dem Abrutschen (benachteiligter) SchülerInnen in ein für sie nachteiliges Verhalten entschieden entgegenzuwirken und Chancengleichheit zu garantieren.
Durch die Eingebundenheit in ein stabiles soziales Band, zu dem schulische wie familiäre Strukturen zählen, die Möglichkeit zur Partizipation und Mitgestaltung, die gemeinschaftliche Einigung auf gültige Regeln und Normen und die Anerkennung individueller Bedürfnisse, kann – wie Langzeitstudien belegen - der Schutz vor Gewalt in einem wesentlich größeren Ausmaß gewährleistet werden, als es durch Verbote, Strafandrohungen und kurzfristige Trainingsprogramme der Fall ist.

Schule als Lebensraum

Daran, dass Schulen dazu befähigt werden müssen, Gewaltprävention selbst zu leisten, führt kein Weg vorbei. Evaluationen gezielter Präventionsprogramme zeigen, dass Gewalt innerhalb von zwei Jahren um 50 prozent reduziert werden kann, wenn sich Schulen zu einem gemeinsamen Vorgehen entschließen. Anders sieht es mit der Unterstützung in akuten Fällen aus. "Ergänzend zu den bestehenden Angeboten", so Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt, "soll daher im Bundesland eine Gewalt- und Mobbingpräventionsstelle nach OÖ Vorbild errichtet werden." Die Aufgaben dieser Stelle wären, flächendeckend und kostenlos sekundär präventive Arbeit an den Bildungseinrichtungen zu leisten, vorhandene Angebote zu koordinieren und insbesondere im Bedarfsfall gemeinsam mit den Betroffenen an der Schule an maßgeschneiderten Konfliktlösungen zu arbeiten bzw. Mobbingopfern konkrete Unterstützung zu bieten. Alternativ bzw. als Zwischenschritt soll ein Fördertopf eingerichtet werden, aus dem Gewalt- und Mobbingpräventionsprojekte an Schulen finanziert werden können. Damit sollen Schulen finanziell und organisatorisch entlastet werden.

Die Schule zählt heute zu den großen Baustellen unserer Gesellschaft. Andrea Holz-Dahrenstaedt plädiert daher an die Öffentlichkeit, die Augen vor den Problemen der Schulen nicht zu verschließen und fordert ein grundsätzlich neues Verständnis von Schule "Wer den heutigen Konflikten wirksam begegnen will, braucht Zeit und Ressourcen, um sich mit jungen Menschen auseinanderzusetzen. Wir müssen weg von der Idee der Schule als reinen Ort der Wissensvermittlung hin zu einem partizipativen Lebensraum, in dem SchülerInnen mit ihren Sorgen und Nöten Platz finden!"

1 Akzente Salzburg, Familienreferat, Friedensbüro, Jugendwohlfahrt, Jugendpolizei, Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg, Kinderschutzzentrum, KIS - Kontaktstelle in Sucht- und Gesundheitsfragen, Kriminalpolizeilicher Beratungsdienst, Landesschulrat Salzburg, Männerwelten (Verein Männer gegen Männergewalt), özeps (Österreichisches Zentrum für Persönlichkeitsbildung und soziales Lernen), Pädagogische Hochschule Salzburg, Referat Soziale Kinder- und Jugendarbeit, Salzburger Bildungswerk, Schulpsychologie, Verein Einstieg, Verein Neustart, Verein Spektrum, Zentrum für Kindergartenpädagogik

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