Lebensraum oder Abstellraum für unsere Kinder?

Kinder haben das Recht auf qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Kinderbetreuung!

Entwicklungen & Trends

„Die Lebenswirklichkeit von Kindern hat sich verändert: Die Zahl alleinerziehender Eltern wächst stetig, freier Raum zum Spielen wird immer seltener und immer mehr Kinder sind Einzelkinder. Eine qualifizierte außerfamiliäre Betreuung ist vor diesem Hintergrund von größter Bedeutung!“ stellte am heutigen Donnerstag, 17. März 2005, die Salzburger Kinder und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt im Rahmen eines Pressegesprächs im Kolpinghaus fest. Seit 01.01.2005 ist die UN-Kinderrechtskonvention in der Salzburger Landesverfassung verankert. Dies beinhaltet die Verpflichtung, das Kindeswohl bei allen Maßnahmen, auch bei der Kinderbetreuung, zu berücksichtigen.

Berufstätigkeit beider Eltern ist häufige Realität. Immer mehr jüngere Kinder werden betreut und insgesamt bleiben die Kinder länger in den Einrichtungen. Seelisch, geistig oder körperlich beeinträchtigte Kinder sind verstärkt zu integrieren. Die Zahl der Migrantenkinder, die die deutsche Sprache nicht oder nicht ausreichend beherrschen, ist gestiegen. All diese Entwicklungen bringen erhöhten Betreuungsbedarf mit sich und machen neue pädagogische Konzepte notwendig. Gemeinsam mit der Psychologin und Psychotherapeutin Theresia Staudinger sowie der Kindergarten-Pädagogin Ulla Klinser (Hermann-Gmeiner-Kindergarten Seekirchen) präsentierte die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin die aus ihrer Sicht wichtigsten Ziele für die Kinderbetreuung in Salzburg. Alle drei waren als Expertinnen in der Salzburg Kommission vertreten, die seit Herbst 2003 in verschiedenen Arbeitsgruppen Empfehlungen und Konzepte zu diesem Thema erarbeitete.

Wichtigste Ziele für die Kinderbetreuung in Salzburg

1. Recht auf einen Betreuungsplatz

Jedes Kind hat gemäß Artikel 18 der Kinderrechtskonvention einen Rechtsanspruch auf einen qualitätsvollen Betreuungsplatz.

2. Qualität im Sinne des Kindeswohls

Die Rahmenbedingungen in Krabbelstuben, Kindergärten, Horten und alterserweiterten Gruppen müssen den aktuellen Erfordernissen angepasst werden. Dementsprechende pädagogisch und psychologisch begründete Mindeststandards bedürfen einer gesetzlichen Festlegung. Gruppengröße, Betreuungsschlüssel, räumliche Bedingungen, Zeit für Vorbereitung und Elternarbeit, Aus- und Fortbildung sowie Supervision für die PädagogInnen müssen den neuen Erfordernissen angepasst werden, um weiterhin qualitativ hochwertige Kinderbetreuung gewährleisten zu können. Das Kindeswohl ist ein absoluter Maßstab für die Gestaltung der Kinderbetreuung.

3. Recht auf Integration

Es muss einen Rechtsanspruch auf Integration in allen Einrichtungen geben. Ein Kind mit geistiger, seelischer oder körperlicher Beeinträchtigung muss in der eigenen Gemeinde einen adäquaten Betreuungsplatz bekommen. Dafür sind folgende Bedingungen notwendig: In jeder Betreuungseinrichtung eine fixe Sonderkindergärtnerin; Schaffung der erforderlichen räumlichen Bedingungen wie Rampen, WC etc.; Verringerung der Gruppengröße, Erweiterung der Vorbereitungszeit für PädagogInnen.

4. Migration

Immer mehr Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, werden in den Einrichtungen betreut: Kinder ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen brauchen verstärkt die individuelle Aufmerksamkeit der PädagogInnen. Bei hohem Anteil an Migrantenkindern ist deshalb eine reduzierte Gruppengröße und die Unterstützung durch mobile muttersprachliche „VermittlerInnen“ für die Elternarbeit notwendig, um pädagogisch wertvolle Betreuung zu gewährleisten.

5. Bedarfsgerechte Ausweitung der Angebote

Tagesbetreuungsangebote sollen bedarfsorientiert und flächendeckend sein – auch im ländlichen Raum. Wünschenswert wäre hier vor allem auch eine Wahlmöglichkeit zwischen Tagesmutter oder Tagesbetreuungseinrichtung (Krabbelstuben, alterserweiterte Gruppe).

6. Flexibilisierung der Öffnungszeiten

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, sind bedarfsgerechte Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen notwendig. Die konstante Betreuung in einer qualitativ hochwertigen Einrichtung für lange Aufenthaltszeiten ist einer häufig wechselnden, mangelhaften oder gar keiner Betreuung vorzuziehen. Erhöhte Flexibilität muss jedoch von umfassenden und gezielten qualitätssichernden Maßnahmen begleitet sein. Eine absolut notwendige Maßnahme ist die Aufstockung des qualifizierten Betreuungspersonals. Nicht nur flächendeckend, sondern auch qualitativ hochwertig!

„Ausreichende Kinderbetreuung ist ein Gebot der Stunde. Dass auch die Qualität dieser Betreuung stimmt, ist mir ein ebenso großes Anliegen, wie die Beachtung der Rechte von Kindern mit besonderen Bedürfnissen“ erklärt Andrea Holz-Dahrenstaedt abschließend.