Das war "kija on tour" – wir bleiben in Kontakt

Wir kommen euch entgegen – ein Team geht auf Tour.

Das Team der kija Salzburg vor dem Tourbus.

Bild: Das Team der kija Salzburg vor dem Tourbus.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft (kija) Salzburg hat den Auftrag, für alle Kinder und Jugendliche im Bundesland Salzburg als Anlaufstelle bei Problemen und Fragen aller Art da zu sein. Doch obwohl die Beratungszahlen in den vergangenen Jahren rasant anstiegen, fanden nur wenige Kinder und Jugendliche aus den Bezirken den Weg in die kija Salzburg, mehr als die Hälfte aller KlientInnen kam aus der Landeshauptstadt und Umgebung, und das, obwohl auch die ländlichen Gemeinden in punkto Kinderrechte keine "Orte der Seligen" sind.

Diagramm 01: Anstieg der Einzelfallzahlen in der kija Salzburg

Kinder und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt ist noch bildlich ein Fall aus dem Jahr 2007 in Erinnerung: "Ein gehbehindertes Mädchen, das auf einem Bergbauernhof lebte, hatte mit massiven familiären Problemen zu kämpfen. Sie hatte einfach keine Möglichkeit, selbstständig in die kija Salzburg zu kommen. Also besuchte eine kija-Mitarbeiterin sie vor Ort. Der Versuch, solche Härtefälle mittels regelmäßiger Bezirkssprechstunden abzufedern, scheiterte. Zu groß war die Hemmschwelle für Kinder und Jugendliche, sich aktiv an ein anonymes Amt oder Büro zu wenden. War die kija Salzburg jedoch einmal in einer Gemeinde bekannt, kamen von dort regelmäßig Anfragen von Kindern und Jugendlichen." Es zeichnete sich immer deutlicher ab, dass Kinder und Jugendliche eine aktiv auf sie zugehende kija Salzburg brauchen, die Projektidee "kija on tour – wir kommen euch entgegen!" war geboren. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner Akzente sollte dem Stadt/Land-Gefälle in Sachen Kinderrechte entschieden entgegengetreten werden.

Zwei Jahre – 115 Gemeinden – 43.432 Kinder

Die Erwartungen an das Projekt "kija on tour" waren von Beginn an groß, klares Ziel war es, in allen Gemeinden Halt zu machen und in jeder Schulklasse Kinderrechteworkshops abzuhalten. Dennoch wollte die kija Salzburg realistisch bleiben: "Zunächst überwog noch die Vorsicht", erinnert sich Projektleiterin Barbara Leiblfinger-Prömer, "würden die Kinder und Jugendlichen das Angebot in ihrem Ort nutzen und tatsächlich in den kija-Beratungsbus kommen, um über ihre Anliegen und Probleme zu sprechen? Schon nach wenigen Tagen lösten sich unsere Zweifel in Luft auf, es stellte sich heraus, dass das kija-Mobil eine hohe Anziehungskraft auf Kinder und Jugendliche ausübte. Es gab Tage, an denen standen die Bustüren niemals still." Am 11. September 2008 startete die kija Salzburg mit ihrem zum Beratungsmobil umgebauten Postbus in den Lungau. Die erste Station war St. Michael. Fast zwei Jahre später schloss die kija Salzburg am 30. Juni 2010 in der Flachgauer Gemeinde Wals-Siezenheim die Tour ab. Dazwischen lagen 150 Tourtage, von Anif bis Zederhaus wurde (fast) keine Ortschaft ausgelassen. Die Tourtage waren ausgefüllt mit vielen wertvollen Gesprächen mit Kindern und Jugendlichen, aber auch Eltern, LehrerInnen, DirektorInnen, PolitikerInnen und KooperationspartnerInnen traten mit der kija Salzburg in Kontakt: "Unser Erfolgsrezept war sicherlich das hochwertige Programm, das wir mit im Gepäck hatten", zeigt sich Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt überzeugt, "neben den Info-Workshops in den Schulklassen und dem Beratungsangebot im kija-Mobil hatten die Kinder und Jugendlichen auch die Möglichkeit, das beliebte Kinderrechtemusical oder ein pädagogisches Theaterstück zu besuchen. "Mama geht´s heut nicht so gut" zum Beispiel richtete sich an Kinder psychisch kranker Eltern, "Das hässliche Entlein" hingegen brachte Kindergartenkindern näher, dass Anderssein okay ist. Für PädagogInnen gab es in jedem Bezirk Fortbildungen zum Umgang mit Gewalt und Mobbing bzw. Ausgrenzung und das erfolgreiche MentorInnenprojekt "MutMachen" wurde auf den Pinzgau und Lungau ausgedehnt." Insgesamt erreichte die kija Salzburg auf ihrer Tour 43.432 Kinder und Jugendliche und konnte diese über die Kinderrechte informieren.

Diagramm 02: Die von der kija Salzburg erreichten Kinder und Jugendlichen "on tour"

Aber nicht nur das, der Beratungsbus wurde regelrecht gestürmt, 16.271 junge BesucherInnen zählte die kija Salzburg, 1.216 Kinder und Jugendliche nutzten den kija-Bus, um sich vom kija Salzburg-Team aktiv beraten zu lassen.

Diagramm 03: Kinder und Jugendliche im Beratungsbus

Um dies aber erreichen zu können, waren das Team der kija Salzburg und alle KooperationspartnerInnen logistisch gefordert: "Wer kann um 04.00 Uhr morgens mitten im Winter einen 11 Meter langen Tourbus über die Bergstraßen nach Wald im Pinzgau lenken, sodass er pünktlich zu Schulbeginn am Gemeindeplatz steht?" oder "Wo gibt es am Gemeindeplatz in Tamsweg einen Starkstromanschluss, sodass das Beratungsteam nicht bei minus 20 Grad im Bus stehen muss?" Mit der Unterstützung zahlreicher HelferInnen konnte die kija Salzburg diese Anforderungen fast immer bewältigen. Im Pinzgau wurde die kija Salzburg etwa von der Landtagsabgeordneten Margit Pfatschbacher höchst persönlich unterstützt. Sie organisierte für den gesamten Bezirk Buschauffeure, die den Tourbus sicher von einer Gemeinde zur nächsten brachten: "Als Pinzgauerin weiß ich von den Schwierigkeiten der Kids, in Krisensituationen an rasche Hilfe und Beratung zu kommen. Ich bin der Überzeugung, dass unsere Salzburger kija jetzt viel bekannter ist als vor der Tour. Die vielen persönlichen Kontakte, die Präsenz vor Ort und der ungewöhnliche Auftritt durch den sympathischen Tourbus hat bei unseren Kindern und Jugendlichen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie wissen jetzt, wo sie die kija Salzburg finden, wie sie sie ereichen und was sie für sie tut!"

Zwei von 1.216

So positiv es für die kija Salzburg und ihr Regionalprojekt war, dass das Beratungsangebot vor Ort angenommen wurde, so wachrüttelnd waren die Themen, mit denen sich Kinder und Jugendliche an die kija Salzburg wandten. In den Tourismusgemeinden berichteten viele, dass sich die Freizeitangebote ausschließlich an TouristInnen richtet und für die Bedürfnisse der einheimischen Jugendlichen in den Gemeinden kaum Platz ist. Kinder, deren Eltern in der Gastronomie arbeiten, klagten über zu wenig Zeit mit der Familie. Im Flachgau wiederum fiel auf, dass sich viele Kinder und Jugendliche alleingelassen fühlen. Ein Grund dafür liegt in der besonderen Struktur der Flachgauer Gemeinden. Während Kinder aus alteingesessenen Familien in den Familienverband und die Dorfstruktur meist gut integriert sind, finden Kinder aus sogenannten "zugereisten Familien weder Zugang zur Dorfstruktur, noch gibt es gewachsene Familienbande vor Ort. Bezirksübergreifend wurde der kija Salzburg von den jungen Menschen von Alibi-Jugendbefragungen der Gemeinden berichtet, fast alle wünschten sich, stärker einbezogen zu werden. Das Thema Gewalt und Mobbing war in allen Bezirken überproportional vertreten.

Diagramm 04: Thema Gewalt

Mit dem nun am Ende der Tour anlaufenden Theaterprojekt "Selber Schuld", das an einigen ausgewählten Schulen in den fünf Bezirken gezeigt wird, reagiert die kija Salzburg bereits mit einem ersten Schritt auf diese Problematik. Projektleiterin Barbara Leiblfinger-Prömer freut sich, dass durch "kija on tour" 1.216 Kinder und Jugendliche beraten werden konnten. Dass hinter dieser beeindruckenden Zahl aber 1.216 Kinder stehen, die ohne die kija Salzburg mit ihren Sorgen allein geblieben wären, stimmt nachdenklich. Um ein Beispiel zu nennen, berichtet sie von einem dunkelhäutigen Lungauer Jungen, der aufgrund seiner Hautfarbe in der Schule ausgegrenzt und verspottet wurde: "Nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Jungen wurde beschlossen, dass sich die kija Salzburg an die Klassenlehrerin wenden sollte. In einem persönlichen Gespräch wurde der Lehrerin dargebracht, dass der Junge gemobbt wurde und dringend Unterstützung bräuchte. In Folge fand in der Klasse des Betroffenen ein kija-Workshop statt, in dem sich die ganze Klasse bewusst mit dem Thema Ausgrenzung und Mobbing auseinandersetzte." Auch Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt ist ein Beispiel in Erinnerung, das zeigt, wie wichtig die Tour der kija Salzburg war: "Ein Mädchen kam sichtlich erleichtert in den Beratungsbus, endlich war da jemand, dem sie ein belastendes Geheimnis weitererzählen konnte. Die beste Freundin, die in einem benachbarten Bundesland lebte, hatte ihr unter dem Gebot des Stillschweigens anvertraut, dass der Vater sie missbrauche. Die kija Salzburg bekräftigte das Mädchen darin, dass es gut war, sich mit "schlechten Geheimnissen" an erwachsene Vertrauenspersonen zu wenden. Weiters wurde das Mädchen darin bestärkt, die Freundin zu ermutigen, gemeinsam mit ihr den Schritt zu wagen, eine professionelle Beratungsstelle aufzusuchen, um Hilfe zu bekommen."

Sprachrohr zwischen Jugend und Politik

Wie geht es aber nach dieser Tour durch das gesamte Bundesland weiter? Die kija Salzburg war zwei Jahre lang in direktem Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen und hat mit ihnen gesprochen und auch viel zugehört. An einer Befragung, welche die kija Salzburg begleitend zur Tour durchführte, beteiligten sich 1.538 Kinder und Jugendliche zwischen vier und 19 Jahren.

Diagramm 05: Beteiligung am Fragebogen

Diese Ergebnisse werden nun Gemeinde für Gemeinde ausgewertet und an die zuständigen BürgermeisterInnen übermittelt. Anregungen im Bereich der Freizeitgestaltung übergibt die kija Salzburg an die Regionalstellen von Akzente, die dann die einzelnen Punkte weiterverfolgen werden. Klar gezeigt hat sich jedoch, dass die regionalen Bezirke unterversorgt sind, was niederschwellige Beratungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche angeht. Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt will deshalb bald Gespräche mit den zuständigen LandespolitikerInnen aufnehmen: "Die Tour der kija Salzburg durch die Bezirke hat auf überwältigende Weise gezeigt, wie wichtig für Kinder und Jugendliche eine zugehende Beratung vor Ort ist. Als Sprachrohr der Kinder und Jugendlichen fühlt sich die kija Salzburg dazu verpflichtet, die Forderungen der jungen Menschen an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Jugendliche wollen mehr mitbestimmen, sie brauchen mehr Platz, um sich aufzuhalten und auszudrücken, sie wünschen sich mehr Verantwortung der Erwachsenen gegenüber der Einhaltung der Kinderrechte und sie fordern klar eine Beratungsstelle, an die sie sich mit ihren Fragen wenden könne. In diesem Sinne wird sich die kija Salzburg dafür einsetzen, dass sie auch zukünftig die Interessen aller Kinder und Jugendlichen im Bundesland vertreten kann und erstrebt die Errichtung einer Regionalstelle. Mit Sicherheit bleiben wir als zuverlässige Anlaufstelle weiterhin mit den Kindern und Jugendlichen aus den Regionen in Kontakt."

Bilder Regionalprojekt "kija on tour" und Bilderwettbewerb "Recht so!"

Video "kija on tour"

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