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Recht auf Bildung statt Ausbildungspflichtgesetz

Kinder haben das Recht auf Bildung. Statt eines Ausbildungspflichtgesetztes brauchen wir daher Gesetze, die dieses Recht stärken und den Bedürfnissen der Jugendlichen Rechnung tragen.

Es ist erfreulich, dass Jugendliche nach Vollendung der Schulpflicht die Chance einer weiteren Ausbildung erhalten sollen, wenn sie keine Lehrstelle finden bzw. keine weiterbildende Schule besuchen. In Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, die besagt, dass Jugendliche ein Recht auf Ausbildung haben, muss sich dieses Recht sowohl im Inhalt dieses Gesetzes wiederspiegeln, als auch im Titel, daher sollte es keinesfalls Ausbildungspflichtgesetz heißen, sondern Ausbildungsrechtsgesetz, „Bundesgesetz mit dem das Recht auf Ausbildung für junge Menschen normiert wird“. Es sollte der Gesetzesentwurf auch zum Anlass genommen werden, um das soziale Grundrecht auf Bildung (anstelle einer Ausbildungspflicht) auch auf einfachgesetzlicher Ebene zu normieren und damit zur Umsetzung der KRK beizutragen.

Ausbildung im Dienst der Bedürfnisse der Jugendlichen?

Tatsache ist, dass viele Jugendliche nach Beendigung des Pflichtschulabschlusses keine Lehrstelle finden und aufgrund dessen unqualifizierte Tätigkeiten annehmen, soweit sie solche finden. Das Bundesgesetz suggeriert den geringen Willen der jungen Menschen, einer sinnvollen Ausbildung nachzugehen. Bereits aufgrund der jetzigen Gesetzeslage hat das regionale AMS dafür Sorge zu tragen, dass für eine nachhaltige und dauerhafte Beschäftigung erforderliche Qualifizierungs- oder sonstige beschäftigungsfördernde Maßnahmen angeboten werden und Jugendlichen die Teilnahme an einer Ausbildungsmaßnahme ermöglicht wird. Sinnvoll wäre es, dass eine Ausbildung angeboten wird, die den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Jugendlichen entspricht und nicht den Erfordernissen der Unternehmen.

Kritisch ist anzumerken, dass auch Jugendliche, die in einem geregelten Arbeitsverhältnis stehen, das aber mit dem „für den Jugendlichen erstellten Perspektiven- oder Betreuungsplan nicht vereinbar ist“ (§5 (3)), die Ausbildungspflicht verletzen. Im Einzelfall stellt es für Jugendliche eine enorme Leistung dar, eine auch ungelernte Tätigkeit durchzuhalten. Aus dem Ausbildungspflichtgesetz geht auch nicht hervor, inwieweit die Jugendlichen ein Mitspracherecht bei der Erstellung des Perspektivenplanes haben.

Die Verpflichtung des AMS, einem Lehrling, der die Fortsetzung seiner Ausbildung anstrebt, einen Ausbildungsplatz zu vermitteln, ist bereits gesetzlich normiert. Der Ausbildungsplatz soll nach Maßgabe der Möglichkeiten eine Fortsetzung der Ausbildung im bisher erlernten Lehrberuf, in einem demselben Berufsbereich angehörenden Lehrberuf oder in einem anderen vom/von der Jugendlichen gewünschten Lehrberuf ermöglichen. Die Normierung einer Verpflichtung des AMS, die Jugendlichen bei der Erfüllung der Ausbildungspflicht bestmöglich zu unterstützen ist erfreulich, sollte aber, wie bereits oben erwähnt, bereits jetzt bei korrekter Gesetzesauslegung zu den Aufgaben des AMS zählen.

Eine Präzisierung des § 3 ist notwendig. Die Definition „…, die sich nicht nur vorübergehend in Österreich aufhalten,…“ kann unter Umständen den Zugang zur Ausbildung oder Bildung für die Jugendlichen verhindern, die sich in einem Asylverfahren befinden oder subsidiär Schutzbedürftige sind. Der Vorschlag ist: “ …, die sich mehr als drei Monate in Österreich aufhalten,…“

Professionelle Beratung für Ausbildungsweg

Die in § 4 ABPG normierte Verpflichtung der Erziehungsberechtigten ist mit dem ABGB nicht vereinbar. Jugendliche ab 14 Jahren können in Angelegenheiten der Pflege und Erziehung selbst das Gericht anrufen, wenn sie mit einer Maßnahme der Eltern nicht einverstanden sind.

Unklar ist auch der Begriff „Erziehungsberechtigte“. Ist hiermit jene Person gemeint, die die Obsorge (ev. beide Elternteile) hat oder jene Person, wo der/die Jugendliche den hauptsächlichen Aufenthalt hat oder der Kinder- und Jugendhilfeträger, wenn diesem die Obsorge zukommt oder die Leitung einer sozialpädagogische Wohngemeinschaft wenn der/die Jugendliche dort aufhältig ist.

Weiters ist zu bedenken, inwieweit der Einfluss der Erziehungsberechtigten auf einen Teil der Zielgruppe noch in dem Maß gegeben ist, dass die betroffenen Jugendlichen dazu bewegt werden können, Ausbildungsmaßnahmen wahr zu nehmen. Hier wären andere Maßnahmen erforderlich wie z. B. intensive Beratung, Sozialarbeit, eventuell auch therapeutische Interventionen, um die Jugendlichen für eine Ausbildungsmaßnahme zu motivieren.

Wie wird man zum/zur SchulabbrecherIn

Insbesondere im Bereich der Prävention müssen vermehrt Unterstützungsangebote für Jugendliche und ihre Eltern angeboten werden, damit es erst gar nicht dazu kommt, dass Jugendliche aus den Bereichen Bildung und Ausbildung heraus fallen. Hauptgründe für Schulabbrüche bzw. Verweigern von Arbeit sowie Orientierungslosigkeit bei Jugendlichen können vielfältig sein, wie das Bestehen psychischer Probleme (Depressionen, Anpassungsstörungen, etc.). Weiters können psychosoziale Belastungen (Problemen im familiären Umfeld, falsche FreundInnen etc.) Gründe für Schwierigkeiten bei den Jugendlichen sein. Zusätzlich zu den oben genannten Gründen kann auch Enttäuschung aufgrund zu lange andauernder vergeblicher Lehrstellensuche Hintergrund für eine (momentane) Verweigerung bzw. Resignation der Jugendlichen sein.

Das freiwillige soziale Jahr ist in den meisten Fällen erst ab dem 17. Lebensjahr möglich, auch der Präsenz- Ausbildungs- und Zivildienst ist i.d.R. erst ab dem 18 Lebensjahr zu leisten. Wichtig ist es, den Jugendlichen nach Abschluss der Pflichtschule eine Ausbildung zu ermöglichen bzw. für Qualifikationsmaßnahmen Sorge zu tragen.

Zu § 13 ABPG ist anzumerken, dass Erziehungsberechtigte (i.d.R. die Eltern) manchmal vom Schulabbruch keine Kenntnis haben. Es gibt leider auch Fälle, wo Jugendliche sich einer Ausbildung  – aus welchen Gründen auch immer – entziehen und die Erziehungsberechtigten nicht zur Verantwortung zu ziehen sind. Strafen gegen die Erziehungsberechtigten, die oftmals kaum mehr Einfluss auf die Jugendlichen ausüben können, sind kontraproduktiv.

Bessere Schulen statt Ausbildungspflicht

Die Kinder- und Jugendanwaltschaften betonen, dass die Ausbildung von Jugendlichen ein wichtiges Anliegen ist. Die Grundlage für eine bessere Bildung liegt aber im gemeinsamen Schulsystem der Sechs- bis 14-Jährigen. Es stellt sich die Frage, ob durch das Ausbildungspflichtgesetz das Versäumnis im Schulbereich wettgemacht werden kann.

Erfreulich ist jedoch, dass Jugendliche, die Hilfsarbeiten annehmen, da dies aus familiären Gründen erforderlich ist, auch ein Recht auf Ausbildung haben sollen (§ 5 ABPG).
Diese Jugendlichen tragen in armutsgefährdeten Familien nach wie vor zum Familieneinkommen bei, unterstützen ihre Mutter oder den Vater, die ev. aufgrund von Alter oder geringer Ausbildung keine Beschäftigung finden. Gerade in Zeiten, wo über die Kürzung/Deckelung der Mindestsicherung diskutiert wird, ist darauf hinzuweisen dass es auch für Jugendliche erforderlich sein kann, einen eigenen Verdienst zu haben, manchmal auch nur, um mit der Konsumgesellschaft mithalten zu können.

Weiters muss mit einer Ausbildungsverpflichtung das Schaffen neuer Ausbildungs/-Arbeitsstellen, Unterstützungs- und Förderangebote einhergehen da man Jugendliche nicht dazu verpflichten kann etwas in Anspruch zu nehmen, was de facto in dem notwendigen Ausmaß nicht vorhanden ist (fehlende Ausbildungs- bzw. Lehrstellenangebote). Zielführend wären auch Modelle wie u. a. jenes der Produktionsschule weiter auszubauen und künftig allen Jugendlichen zugänglich zu machen, auch jenen die eine Lehre beginnen könnten aber keine Lehrstelle finden. Produktionsschulen stellen beispielsweise eine erfolgreiche Maßnahme bzw. ein Auffangbecken für Jugendliche dar, die keine Schule mehr besuchen wollen/können, jedoch noch nicht für den Beginn einer Lehre bereit sind. Auch diese erfolgreichen Maßnahmen gehören ausgeweitet, da Produktionsschule aufgrund des großen Andrangs meist überfüllt sind und Wartelisten für Jugendliche existieren.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaften würden ein Gesetz, mit dem das RECHT auf Ausbildung normiert wird, begrüßen. Der vorliegende Gesetzesentwurf ist jedoch Großteils abzulehnen.

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