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Deutschland: Kinderrechte vs. Elternrechte?

Kommentar zur Debatte um Aufnahme von Kinderrechten in den Verfassungsrang in Deutschland

Kinderrechtezeichnung

Symbolbild: Dirk Schaefer / flickr

In Deutschland wird soeben heftig über die Aufnahme von Kinderrechten in den Verfassungsrang diskutiert.
Einige PolitikerInnen sind dafür, die Rechte von Kindern in die deutsche Verfassung aufzunehmen. Der Staat habe die Pflicht, Kinder vor Gewalt zu schützen und Kinder haben das Recht, dass ihre Interessen bei allen Entscheidungen des Staates gewahrt werden, sind ihre Argumente.

Gegnerische Stimmen sehen allerdings keinen Handlungsbedarf, Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen. Da es in den Grundrechten keine Altersgrenze gebe, gelten diese auch für Kinder. Darüber hinaus sei die eigentliche Intention dieses politischen Vorstoßes, die Rechte der Eltern zu beschneiden, wie sie ihre Kinder erziehen und wie sie für sie entscheiden. Durch die Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung dränge sich der Staat als Vertreter der Kinderrechte auf – im Zweifel gegen die Eltern. Denn es stelle sich die Frage, gegen wen die Rechte der Kinder gestärkt und vor wem sie Schutz erhalten sollen.

Vorab sei festgehalten, dass Kinderrechte die Elternrechte nicht beschneiden. „Kinderrechte richten sich nicht gegen die Rechte der Eltern. Kinderrechte stärken Kinder. Sie stärken aber auch deren Achtung vor den Rechten der Eltern und aller anderen,“ heißt es in der Broschüre "Damit es mir gut geht" der KIJAS Österreich. Eltern bzw. Erwachsene, die die Sichtweise äußern, die Kinderrechte richten sich gegen sie, erkennen nicht, dass sie damit ihre eigenen Rechte über jene der Kinder erheben und die Rechte der Kinder als weniger wert ansehen. Wenn Kinder allerdings schon frühzeitig die Erfahrung machen, dass sie selbst auch Rechte haben, werden sie auch die Rechte anderer viel eher wahren.

Um jenen kritischen Stimmen aus Deutschland zu antworten, die eine Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung aufgrund der genannten Argumente nicht für notwendig erachten: Kinderrechte sind besondere Rechte für Kinder, und nicht Rechte gegen Eltern bzw. Erwachsene. Kinderrechte haben den wichtigen Sinn, in vielen Fragen der Grundrechte eine neue Perspektive aufzuzeigen, nämlich jene der Kinder. Den Kinderrechten – wie bspw. die Rechte auf Nahrung, Bildung, Freizeit oder Partiziption, nicht zu vergessen die Rechte auf Schutz vor Gewalt und Ausbeutung – einen besonderen Status einzuräumen bringt also die Möglichkeit mit sich, diese Rechte nicht aus dem Blickwinkel der Erwachsenen sondern aus dem Blickwinkel der Kinder zu betrachten.

Die Kinderrechtskonvention richtet sich keinesfalls – wie in den Argumenten der KritikerInnen ausgeführt – gegen die Eltern, sie betont sogar die zentrale Rolle der Eltern und der Familie: Denn in der Kinderrechtekonvention sei man zur Erkenntnis gelangt, „dass das Kind zur vollen und harmonischen Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Familie und umgeben von Glück, Liebe und Verständnis aufwachsen sollte.“ Und bei diesem Aufwachsen haben Eltern ebenso Rechte und Pflichten gegenüber ihren Kindern wie Kindern Rechte und Pflichten gegenüber ihren Eltern haben. Dass Kinderrechte als solche besonders ausgewiesen werden, ist besonders wichtig, um nicht Gefahr zu laufen, dass Kindern ihre Rechte vorenthalten werden. „Nur wenn man die eigenen Rechte kennt, kann man sich auch dafür einsetzen – und aufzeigen, wenn sie verletzt werden,“ fasst das Bundesministeriumm für Familie und Jugend die Bedeutung der Kinderrechte zusammen. 

Kinder sind eben nicht Eigentum der Eltern, sondern von Beginn an selbstständig zu beachten. Und dafür braucht es eine spezifische gesetzliche Grundlage in der Verfassung. Ausserdem dürfen Eltern und Kinderrechte im Sinne eines guten Miteinanders niemals gegeneinander ausgespielt werden!

Die Notwendigkeit, Kindern besonderen Schutz einzuräumen, ist zudem nicht neu. Sie wurde bereits 1924 als „Genfer Erklärung über die Rechte des Kindes“ beschlossen und mündete schließlich 1989 in der von den Vereinten Nationen beschlossenen „Konvention über die Rechte des Kindes“ (UN-KRK). Bereits 196 Länder weltweit bekennen sich zu diesem besonderen Schutz, der Prävention und der Beteiligung von Kindern, auch Deutschland, durch die Ratifizierung dieser Konvention. Darüber hinaus haben es sich viele Kinder- und Jugendorganisationen – darunter eben auch die Kinder- und Jugendanwaltschaften – in diesen Ländern zur Aufgabe gemacht, die Umsetzung der Kinderrechte zu forcieren und kritisch zu beobachten, die drei obgenannten Prinzipien der Kinderrechtekonvention Prävention, Protection und Partizipation zu verwirklichen. Dies bedeutet, die Kinderrechte in der Bevölkerung bekannter zu machen und sich für eine Verbesserung der Lebensbedingungenvon Kindern und Jugendlichen aus kinderrechtlicher Sicht einzusetzen.

Österreich hat dies erkannt und geht den Weg der Kinderrechte (wenn auch manchmal noch unkonsequent). Österreich hat nicht nur im Jahr 1992 die Kinderrechtekonvention anerkannt, in deren Umsetzung die Kinder und Jugendanwaltschaften als unabhängige Interessensvertretungen für Kinder und Jugendliche implementiert wurden, sondern bereits Kinderrechte (leider noch nicht alle) 2011 in der Verfassung festgeschrieben. Selbstverständlich darf es, wenn es um die Rechte von Menschen geht, keine Unterschiede hinsichtlich des Alters geben – und darüber hinaus auch nicht hinsichtlich Herkunft, Geschlecht, Sprache, Religion etc. Dennoch brauchen Kinder besonderen Schutz und besondere Unterstützung, damit ihre Rechte im alltäglichen Leben auch gewahrt bleiben und umgesetzt werden. Wünschenswert wäre natürlich, wenn alle 54 Artikel der Kinderrechtskonvention Verfassungsrang bekämen.

Quellen:
Bundesministerium für Familien und Jugend (bmfj): Die Rechte von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderrechtekonvention im Wortlaut & verständlich formuliert.
Die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs: Damit es mir gut geht. Was Eltern über Kinderrechte wissen sollten

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