Auch bei den Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs zeichnet sich ein steigender Bedarf unter jungen Menschen ab, die mit psychischen Belastungen und Erkrankungen zu kämpfen haben. Wenn beispielsweise Kleinkinder aufgrund der Covid-19 Beschränkungen in der Eingewöhnungszeit nicht von ihren Eltern im Kindergarten begleitet werden können oder Jugendlichen über einen so langen Zeitraum hinweg keine Gleichaltrigen im Jugendzentrum treffen können, entspricht dies nicht ihren entwicklungspsychologischen Bedürfnissen und hat gravierende Auswirkungen. Den Kindern und Jugendlichen kommt jedenfalls die Unbeschwertheit abhanden. Sie erleben Einsamkeitsgefühle, Resignation oder Zukunftsangst bis hin zu Selbstmordgedanken. Sie vermissen das normale Leben - das Treffen mit ihren Freund*innen, den Sport, aber auch den „normalen“ Schulalltag. Auch wenn Schulen wieder geöffnet haben, ist es einfach nicht das Gleiche wie zuvor.
Den Druck rausnehmen!
Die kijas Österreichs fordern deshalb nun - wie schon in ihrem Positionspapier im November 2020 - rasches Handeln und ein wirksames Unterstützungspaket, um jungen Menschen dabei zu helfen, gut durch die Krise zu kommen. Wichtig dabei: den Druck, der auf Kindern und Jugendlichen lastet, so weit wie möglich zu reduzieren und kindgerechten Alltag zu ermöglichen. So sollten Schulqualitätsmaßnahmen wie z.B. Pisa oder andere zusätzliche Testungen unbedingt ausgesetzt werden. Priorität sollte in diesem Ausnahmezustand, den wir alle erleben, ganzheitliche und psychosoziale Förderung haben und nicht Leistungsbeurteilungen. Die Schüler*innen haben insgesamt bewiesen, dass sie in dieser schwierigen Corona-Zeit Großartiges geleistet und ganz spezifische Skills erlernt haben. Speziell die Abschlussjahrgänge und Maturaklassen sollten nicht Angst haben, dass ihre Leistung im „Corona-Jahrgang“ weniger zählt, im Gegenteil!
Mitsprache ermöglichen
Mit dem BVG Kinderrechte ist in der Verfassung verankert, dass jedes Kind das Recht auf angemessene Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung hat - in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten. Die Pandemie betrifft Kinder in der Tat, und zwar enorm. Junge Menschen müssen deshalb in alle relevanten Entscheidungen miteinbezogen werden, sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene. Sie sollen mitreden können, was sie nun brauchen und was ihnen hilft, ihre Resilienzen zu stärken. Dabei muss Kindern und Jugendlichen das Gefühl gegeben werden, dass sie ein wertvoller und wertgeschätzter Teil der Gesellschaft sind. Denn sie sind nicht „egal“ - wie es gerade Jugendliche dieser Tage oft empfinden.
Den Weg für präventive Jugendarbeit und kija-Workshops frei machen
Mit den ausgebauten Testungen muss es für junge Menschen auch wieder möglich werden, Einrichtungen der offenen und verbandlichen Jugendarbeit aufzusuchen, Gleichaltrige zu treffen und ihre Freizeit wieder aktiv zu gestalten.
Zudem fordern die kijas Österreichs, dass es auch den kija-Mitarbeiter*innen wieder ermöglicht wird, Workshops an Schulen abzuhalten. Diese stellen eine wichtige Plattform dar, um die kijas bekannt zu machen – denn nur wenn junge Menschen von der Existenz der Kinder- und Jugendanwaltschaften und ihrer Funktion wissen, können sie sich an diese wenden. Gerade jetzt – wo viele Kinderrechte stark eingeschränkt oder außer Kraft gesetzt werden – sind sie als Ansprechpartner*innen und Sprachrohr eine wichtige Ressource für junge Menschen mit ihren Fragen, Sorgen und Ängsten.
Für die Kinder-und Jugendanwaltschaften Österreichs:
Dr.in Andrea Holz-Dahrenstaedt,
Kinder-und Jugendanwältin des Landes Salzburg